Projekt «Erstinformation im Meldeverfahren»: Sexarbeitende werden bei persönlicher Vorsprache informiert

Der Regierungsrat beantragt dem Grossen Rat für die Vertragsperiode 2019 bis 2022 eine Finanzhilfe von 180'000 Franken pro Jahr an die Beratungsstelle Aliena. Darin sind Mehrkosten für das Projekt «Erstinformation im Meldeverfahren» berücksichtigt. Mit dem Projekt sollen Sexarbeitende besser mit Informationen erreicht werden.

Der überwiegende Anteil der in Basel tätigen Sexarbeitenden reist im Rahmen des sogenannten Meldeverfahrens aus der EU ein. Diese Personen dürfen 90 Tage pro Kalenderjahr in der Schweiz arbeiten. Für die Arbeitsaufnahme in der Erotikbranche ist die Meldung beim Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) ab dem ersten Tag der Ausübung der Arbeitstätigkeit obligatorisch. Beim Online-Meldeverfahren von Sexarbeitenden fand bisher kaum ein direkter Kontakt mit Behörden oder Beratungsstellen statt. Die Betroffenen werden so in der Regel nicht über ihre Rechte und Pflichten informiert und sind anfällig für Manipulationen und Missbrauch.

Neu wird eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des AWA die Meldebestätigung im Rahmen einer persönlichen Vorsprache der gemeldeten Person in den Räumlichkeiten der Beratungsstelle Aliena aushändigen und dabei Informationsmaterial abgeben sowie auf das Angebot der Beratungsstelle hinweisen. Für die dafür benötigten Personalressourcen im Umfang von 60 Stellenprozenten beim AWA beantragt der Regierungsrat zusätzlich 70'000 Franken pro Jahr.

Mit den Gesprächen im Meldeverfahren sollen nicht nur die Sexarbeiterinnen besser informiert werden, sondern auch ihr Vertrauen in die Behörden verstärkt werden. Das ist umso wichtiger, weil sich die regierungsrätliche Schwerpunktsetzung bei der Kriminalitätsbekämpfung 2017–2019 unter anderem auf Menschen­handel konzentriert. Der Ermittlungserfolg der Strafverfolgungsbehörden hängt massgeblich von der Kooperations- und Aussagebereitschaft mutmasslicher Opfer ab.

Der Kanton Basel-Stadt verfolgt im Umgang mit der Prostitution eine liberale Politik, die neben der Berücksichtigung der Interessen der Anwohnerschaft im Bereich des Rotlichtmilieus den Schutz der betroffenen Prostituierten in den Vordergrund stellt. Der Regierungsrat hat hierzu verschiedentlich ausgeführt, dass er eine Verdrängungs- oder Verfolgungspolitik in diesem Bereich für nicht zielführend hält. Die Beratungsstelle Aliena leistet seit 2001 niederschwellige und kostenlose Unterstützung und Beratung für Sexarbeitende und hat sich auch für die Behörden als zentrale Ansprechstelle etabliert. Aliena wies in den letzten Jahren in allen Dienstleistungssparten steigende Fallzahlen aus, was mit entsprechend erhöhtem Ar­beitsaufwand einherging. Von 2014 bis 2018 unterstützte das Justiz- und Sicherheitsdepartement die Beratungsstelle mit einem jährlichen Betriebsbeitrag von 50'000 Franken.

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