Im Erdgeschoss daheim
Was haben Onlineshopping, Ladensterben, Homeoffice und Wohnungsknappheit miteinander zu tun? Sie beeinflussen die Erdgeschossnutzungen in den Städten und verändern somit das Stadtbild.
Wohnen im Erdgeschoss ist zu einem planerischen Kernthema aufgestiegen. Veränderungen im Detailhandel und in der Arbeitswelt wirken sich auf die Erdgeschossnutzungen aus. Das traditionelle Stadthaus mit Geschäftsnutzungen im Erdgeschoss, Büros in den unteren und Wohnungen in den oberen Geschossen wird neu programmiert. In vielen Baugesuchen wird zunehmend Wohnraum im Erdgeschoss angeboten, auch an Lagen direkt am Strassenrand. Was angesichts der Wohnungsknappheit eine wünschbare Entwicklung darstellt, ist an Lagen ohne Vorgarten für das Stadtbild (und die Bewohnerschaft) eine Herausforderung. Damit wir künftig nicht vor mit Storen geschlossenen Fassaden promenieren, stellen sich an ein Wohnen im Erdgeschoss hohe Anforderungen hinsichtlich Schnitt und Grundrissgestaltung.

Gute Beispiele finden sich in der Baugeschichte, zum Beispiel bei Wohnbauten mit Hochparterre. Der Versatz um ein halbes Geschoss gewährt den Wohnungen ein gewisses Mass an Intimität. Zu Problemen führt dieses Konzept, wenn nicht nur im Hochparterre, sondern auch darunter im Tiefparterre gewohnt werden soll. Erdgeschossnutzungen interagieren mit dem Strassenraum, weshalb mit architektonischen Mitteln Massnahmen zum Schutz der Privatsphäre ergriffen werden müssen. Der Einblick in Schlafräume und somit mit Storen geschlossene Strassenräume sollen verhindert werden.
Ein aktuelles gutes Beispiel findet sich im Umbau Hochbergerstrasse 158. Beim kantonalen Projekt, das aus einem offenen Wettbewerb hervorgegangen ist, wird ein Bürohaus in ein Wohnhaus transformiert. Auch hier wird im Hoch- und im Tiefparterre gewohnt. Die zweigeschossigen Atelierwohnungen zeichnen sich durch eine klare Konzeption aus und werden direkt von der Strasse im Erdgeschoss betreten. Treppen gehen vom Eingang ins Hochparterre und ins Tiefparterre ab. Im Treppenauge könnte sogar eine Hebebühne eingebaut werden, falls eine hindernisfreie Erschliessung erforderlich wird. Im Hochparterre wird der Grundriss bis an die Rückfassade geführt, was den Bewohnenden einen Rückzug in privatere Bereiche erlaubt. Mit diesem Wohnungstyp sind geschlossene Fensterfronten deshalb nicht nötig, insofern stellt das Projekt einen wertvollen Beitrag zur gesuchten Lösungsfindung dar.

Autor: Gerold Kunz, Fachsekretariat Stadtbildkommission, Städtebau & Architektur
Autor: Jürg Degen, Städtebau, Städtebau & Architektur
Städtebau & Architektur
Öffnungszeiten
Mo-Fr 8.00-12.00 / Mo-Do 13.30-17.00 und Fr 13.30-16.00