Publikation

Jahresbericht 2022

Staatsarchiv Basel-Stadt

Wer im Digitalen Lesesaal des Staatsarchivs Basel-Stadt nach farbigen Fotografien sucht, erhält zwar mehrere Tausend Treffer. Gemessen am gesamten Bildbestand, der einige Millionen Fotografien umfasst, ist dies jedoch nur ein kleiner Anteil. In unserem Alltagsverständnis meint «Historische Fotografie» meist  schwarz-weiss-Fotografie». Kaum sichtbar ist bisher, dass auch Farbfotografie zum visuellen Erbe gehört. Die Farbfotografien von Hans Hinz (1913–2008) im vorliegenden Jahresbericht vermitteln einen kleinen Eindruck davon. Der umfangreiche Nachlass Hinz befindet sich im Staatsarchiv Basel-Stadt, ist jedoch aufgrund seiner schieren Grösse und komplexen Struktur bislang noch nicht erschlossen und öffentlich zugänglich. Hans Hinz gilt als einer der wichtigsten Schweizer Pioniere der Farbfotografie. Er schuf sich, vom grafischen Gewerbe herkommend, als Autodidakt seinen ganz eigenen Zugang und experimentierte mit einer Vielzahl damals aufkommender Methoden und Kameratypen. Seine Aufnahme einer Früchteschale aus dem Jahr 1934 markiert den Anfang seiner Karriere und gilt heute als eine der Ikonen der Schweizer Farbfotografie. In den folgenden Jahrzehnten wurde Hinz zum weltweit gefragten Farbfotografen, hauptsächlich für Kunst und Werbung. Er konstruierte eigene Kameras und probierte neue Techniken aus. Die Kombination von technischer Präzision und dokumentarischer Qualität prägte sein Schaffen. Elementar war dabei die möglichst getreue Farbwiedergabe – wie bei den Aufnahmen der Höhlen von Lascaux – oder das Spiel mit der Farbigkeit, etwa in der Produktewerbung. Hinz arbeitete mit bekannten Grafikern wie Herbert Leupin, Hermann Eidenbenz und Ferdinand Afflerbach zusammen. Für viele berühmt gewordene Plakate lieferte er prägnante Objektaufnahmen. 

Einen Quantensprung machte 2022 auch das Staatsarchiv mit der Inbetriebnahme des Digitalen Lesesaals. Damit wurde ein benutzerfreundlicher und zukunftsweisender Zugang zum historischen Erbe geschaffen, das Resultat sorgfältiger Evaluation, innovativer Service Design-Ansätze und neu entwickelter Technologie. Das positive Echo der Benutzerinnen und Benutzer zeigt: Hier öffnen sich Türen zu neuen, vielfältigen Erlebnissen von Geschichte. Zugleich überzeugt der Digitale Lesesaal durch seine Infrastruktur, die auf Prozesse des gesamten Archivs abgestimmt ist. Denn digitale Transformation kann nur gelingen, wenn sie, mit Blick auf Konsequenzen und Folgeaufwände, langfristig tragfähige Lösungen schafft.

Technologischer Wandel ist immer eng verbunden mit kulturellem, gesellschaftlichem Wandel. Das galt für die Erfindung des Buchdrucks ebenso wie für die digitale Transformation – und für die Verbreitung der Farbfotografie. Bis ins späte 20. Jahrhundert hinein waren wir es gewohnt, schwarz-weisse Fotografien in unser farbiges Gegenwartssehen zu übersetzen. Im späten 21. Jahrhundert werden unsere Nachkommen durch farbige Perspektiven auf die Vergangenheit geprägt sein. Hier leistet das Archiv unersetzliche Dienste, indem es das historische Original bewahrt und die Historizität von Bildproduktion und Bildverständnis nachvollziehbar macht.

Jahr
2023
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