Regierungsrat beschliesst Sparmassnahmen und beantragt Gesetzesänderungen zur Erreichung des Sparziels "Haushalt 2000"
MedienmitteilungRegierungsrat
Der Regierungsrat hat von den Ergebnissen der Vernehmlassung zum "Haushalt 2000" Kenntnis genommen und in seiner Kompetenz liegende Sparmassnahmen beschlossen. Darüber hinaus beantragt er dem Grossen Rat verschiedene Gesetzesänderungen. Die Massnahmen und Anträge sind Voraussetzungen dafür dass das Ziel des "Haushaltes 2000" ein Defizit von höchstens 100 Millionen Franken im Jahr 2000 erreicht werden kann.
Ergebnisse der Vernehmlassung zum Entwurf "Haushalt 2000"
20 Organisationen haben sich an der Vernehmlassung beteiligt. Die grosse Mehrheit steht hinter dem Gesamtpaket, lediglich fünf lehnen es ab (BastA, FRAB, VEW, VCHP und BGB). Von den einzelnen Bereichen sind vor allem die Einsparungen im Personalbereich bestritten. Die Hälfte der Antwortenden erachtet sie als zu weitgehend. Umgekehrt verlangt eine Mehrheit deutlichere Kürzungen bei den Investitionen. Deutliche Zustimmung finden die Sparmassnahmen im Schulbereich, im Gesundheitsbereich, im Sozialbereich und die Erhöhung der Motorfahrzeugsteuer, sofern sie im Rahmen des Gesamtpakets erfolgt.
Die Sparmassnahmen im Personalbereich werden von einer Mehrheit unterstützt, stossen aber auf den geschlossenen Widerstand der Personalverbände. Innerhalb der Sparmassnahmen im Personalbereich ist der tiefere Einstell-Lohn am stärksten bestritten, die Reduktion des Teuerungsausgleichs wird dagegen von fast allen für vertretbar gehalten.
Neu vorgeschlagen wird in den Vernehmlassungsantworten vor allem eine bessere Abgeltung der Zentrumsleistungen.
Der Regierungsrat und die Departemente haben während der Vernehmlassungsfrist die Sparmassnahmen weiter ausgearbeitet. Der Regierungsrat schlägt jetzt in seinem Bericht im wesentlichen die folgenden Massnahmen vor:
Massnahmen im Personalbereich
Zur Sanierung der Staatsfinanzen sind Sanierungsmassnahmen im Personalbereich unumgänglich. Hier sollen insgesamt 150 Millionen Franken - davon 60 Millionen Franken wiederkehrend - eingespart werden, was rund 10 Prozent der Personalkosten entspricht. Zur Erreichung dieses Sanierungsziels hat sich der Regierungsrat für fünf Massnahmen im Personalbereich entschieden: vorübergehende Nichtgewährung des Teuerungsausgleichs, einmaliger Verzicht auf den Stufenanstieg, Aufhebung des Besitzstandes auf die altrechtliche Haushaltzulage, tiefere Einstell-Löhne, Verzicht auf den Umlagebeitrag an die Pensionskasse. Die bei der Pensionskasse versicherten Löhne werden durch diese Massnahmen nicht beeinträchtigt.
Vorübergehende Nichtgewährung des Teuerungsausgleichs bei den Löhnen des aktiven Staatspersonals und bei den Renten der Pensionierten: Der Teuerungsausgleich für das aktive Staatspersonal und die Pensionierten soll in den kommenden Jahren so lange nicht gewährt werden, bis sich der massgebende Teuerungsindex um insgesamt 3,75 Prozentpunkte erhöht hat. Die Dauer dieser Massnahmen hängt also von der Jahresteuerung der nächsten Jahre ab. Der massgebende Index ist der Basler Index der Konsumentenpreise vom November 1996.
Einmaliger Verzicht auf den Stufenanstieg: Angesichts der gegenwärtig tiefen Teuerung kann das vorgegebene Sanierungsziel, bis zum Jahre 2000 insgesamt 60 Millionen Franken im Personalbereich wiederkehrend einzusparen, allein durch die Nichtgewährung des Teuerungsausgleichs nicht erreicht werden. Daher ist als ergänzende Massnahme auf den 1. Januar 1998 ein einmaliger Verzicht auf den Stufenanstieg vorgesehen. Unabhängig vom effektiven Verlauf der Teuerung ist diese Sanierungsmassnahme auf die Dauer eines Jahres (1998) beschränkt. Für die Betroffenen bedeutet sie nicht einen vollständigen Verzicht, sondern einen Aufschub des Stufenanstieges um ein Jahr.
Aufhebung des Besitzstandes auf die altrechtliche Haushaltzulage: Die altrechtliche Haushaltzulage soll ab Januar 1998 nicht mehr ausgerichtet werden. Diese Massnahme war in der Vernehmlassung unbestritten.
Tiefere Einstell-Löhne: Trotz Kritik im Vernehmlassungsverfahren hält der Regierungsrat daran fest, ab Januar 1998 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu tieferen Einstell-Löhnen einzustellen, zumal die Anfangslöhne der Staatsangestellten im Vergleich zur Privatwirtschaft in den meisten Bereichen durchschnittlich höher sind. Die tieferen Einstell-Löhne werden jeweils auf drei Jahre befristet, so dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach drei Dienstjahren denjenigen Lohn erhalten, der ihnen aufgrund der Einreihung ihrer Funktion zusteht.
Verzicht auf den Umlagebeitrag an die Pensionskasse: Durch den vorläufigen Verzicht auf den jährlichen Beitrag des Staates zur finanziellen Sicherstellung der Garantieverpflichtung bei der Pensionskasse können weitere 32 Millionen Franken an jährlichen Mehrkosten eingespart werden.
Die drei ersten Sanierungsmassnahmen bedürfen einer Änderung der entsprechenden Gesetzesbestimmungen und werden daher dem Grossen Rat zur Genehmigung vorgelegt und unterstehen dem Referendum. Die Einstell-Löhne kann der Regierungsrat in eigener Kompetenz mittels Änderung der Einreihungsverordnung senken. Ebenso in eigener Kompetenz regelt der Regierungsrat den Umlagebeitrag an die Pensionskasse.
Massnahmen im Schulbereich
Im Schulbereich schlägt der Regierungsrat zwei Massnahmen vor: Einführung eines Lektionendaches pro Auszubildende pro Woche und Erhöhung der Pflichtstundenzahl der Lehrkräfte um durchschnittlich eine Lektion pro Woche auf das Schuljahr 1999/2000.
Bei der Einführung des Lektionendaches befindet sich der Regierungsrat in Übereinstimmung mit dem Erziehungsrat. Dieser hat am 27. Oktober beschlossen, dass ein Lektionendach einzuführen sei, das in der Orientierungsschule, der Weiterbildungsschule, den Gymnasien und Diplomschulen auf den 1. August 1998 um fünf Prozente reduziert werden soll. Daraus resultiert im Schuljahr 1998/99 ein Sparpotential von rund acht Millionen Franken.
Der Beschluss des Erziehungsrates soll in einer zweiten Phase auf alle Schultypen ausgedehnt werden. In Zusammenarbeit mit den Rektoraten sollen - nach Schultypen differenziert - Lektionendächer definiert werden, die insgesamt ein Einsparungspotential von fünf Prozent aufweisen. Damit können im Schuljahr 1999/2000 weitere sieben Millionen Franken eingespart werden.
Die Vernehmlassung hat gezeigt, dass mit der Einführung eines Lektionendaches aus bildungspolitischen Günden lediglich ein Sparvolumen von fünf Prozent erreicht werden kann, und nicht von 10 Prozent, wie der Regierungsrat im Mai angenommen hatte. Deshalb beantragt der Regierungsrat dem Grossen Rat zusätzlich die vorübergehende Erhöhung der Pflichtstundenzahl der Lehrkräfte um durchschnittlich eine Lektion pro Woche auf das Schuljahr 1999/2000. Die Löhne der Lehrkräfte liegen im interkantonalen Vergleich in der Nähe der Höchstwerte, die Pflichtstundenzahlen sind dagegen vergleichsweise niedrig. Da zudem in den letzten Jahren die Zahl der Lehrkräfte um zwölf Prozent, die Schülerzahl aber nur um acht Prozent angestiegen ist, hält die Regierung die Erhöhung der Pflichtstunden um eine Lektion pro Woche für zumutbar. Die Massnahme wird bewusst erst auf das Schuljahr 1999/2000 vorgeschlagen, da zu diesem Zeitpunkt auch die Weiterbildungsschule ihren ersten vollen Zyklus absolviert hat. Damit sind alle Basler Lehrkräfte in den jeweiligen Schultypen mit der neuen Situation vertraut. Das Sparpotential dieser Massnahme, die auf fünf Jahre befristet ist, liegt bei rund 11 Millionen Franken pro Jahr und bedingt eine Änderung des Schulgesetzes. Zusätzlich sollen die Einnahmen im Schulbereich bis ins Jahr 2001 um rund vier Millionen Franken erhöht, indem die Beiträge anderer Kantone, auch denen die Kinder in Basler Schulen geschickt werden, auf die Höhe der tatsächlichen Kosten angehoben werden.
Der Regierungsrat ist in Übereinstimmung mit den von ihm konsultierten Fachleuten davon überzeugt, dass die vorgelegten Massnahmen die Qualität der Schulen nicht gefährden. Die Sparmassnahmen gehen nicht zu Lasten unserer Jugend. Die mit dem Lektionendach verbundene verstärkte Autonomie der Schule lässt vielmehr einen besseren Einsatz der Mittel zu, was zu einer Verbesserung gegenüber dem heutigen Zustand führt. Insbesondere wird die Schulreform durch die Massnahme nicht berührt.
Massnahmen im Sozialbereich
Bei den Massnahmen im Sozialwesen gelten für den Regierungsrat zwei Leitgedanken: Für Menschen, die Sozialhilfe am nötigsten haben, müssen genügend Mittel bereitgestellt werden. Das Soziale Basel soll dem Bedarf so begegnen, dass es im schweizerischen Vergleich seine gute Position halten kann, ohne in jedem Einzelbereich Spitzenleistungen zu erbringen.
Konkret werden in erster Linie folgende Massnahmen vorgeschlagen: Erhöhung des Vermögensverzehrs bei den Ergänzungsleistungen für Altersrentnerinnen und -rentner in Heimen von 10 auf 15 Prozent; Erhöhung des Vermögensverzehrs bei der kantonalen Pflegebeihilfe für Altersrentnerinnen und rentner in Heimen von 10 auf 15 Prozent; völlige Abschaffung der Beihilfe für Bezügerinnen und Bezüger, die zu Hause wohnen, bis ins Jahr 2001. Die Realisierung der vorgeschlagenen Massnahmen bedingt eine Teilrevision des Einführungsgesetzes über die Ergänzungsleistungen.
Bei der Berechnung von Ergänzungsleistungen beträgt der als Einkommen anrechenbare Vermögensverzehr heute 10 Prozent des Reinvermögens. Die Anhebung dieses Vermögensverzehrs bei den Ergänzungsleistungen für Altersrentnerinnen und -rentner in Heimen von 10 auf 15 Prozent bringt im ersten Jahr Einsparungen in der Höhe von zwei Millionen Franken. 1996 wären von dieser Massnahme 1'600 Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen betroffen gewesen.
Die Anhebung des Vermögensverzehrs bei der kantonalen Pflegebeihilfe für Altersrentnerinnen und -rentner in Heimen von 10 auf 15 Prozent bringt im ersten Jahr Einsparungen in der Höhe von einer halben Million Franken. Zur Zeit wären von dieser Massnahme 1'250 Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen betroffen. Gemäss Bundesrecht können die Kantone den Vermögensverzehr bis auf 20 Prozent anheben. Mit 15 Prozent ist Basel-Stadt noch leicht grosszügiger als der schweizerische Durchschnitt. Mit der dritten Revision des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen werden Bezügerinnen und Bezüger in den Jahren 1998 und 1999 materiell besser gestellt. Deshalb ist es sozial vertretbar, dass ab 1. Januar 1998 keine neuen kantonalen Beihilfen für zu Hause Wohnende mehr ausgerichtet werden. Für die bisherigen zu Hause wohnenden Bezügerinnen und Bezüger werden die kantonalen Beihilfen ab 1.1.1999 schrittweise herabgesetzt und Ende 2001 aufgehoben. Damit können ab 2002 10,7 Millionen Franken wiederkehrend eingespart werden. In der Nordwestschweiz ist Basel-Stadt der einzige Kanton, der noch kantonale Zusatzleistungen zu den Ergänzungsleistungen ausrichtet.
Massnahmen im Gesundheitswesen
Die öffentlichen Kliniken und Spitäler haben die Vorgabe, die laufenden Nettoausgaben gegenüber dem Vorjahr um jeweils 2,5 Prozent zu senken. Damit können zur Zeit rund sechs Millionen Franken pro Jahr eingespart werden. Die Anstrengungen zur Senkung der laufenden Nettoausgaben werden in den nächsten Jahren - gerade auch im Zusammenhang mit dem Bettenabbau - weitergeführt, wobei auch Angebotsformen wie Tageskliniken oder Hostelbetrieb, verbunden mit einer Abrechnung nach Fallpauschalen, dazu führen sollen, das Ausgabenniveau zu senken und das Kosten/Ertrags-Verhältnis deutlich zu verbessern. Weitere Ansatzpunkte sind die vermehrte Leistungserbringung für Dritte. In der interfakultären Zusammenarbeit gibt es ein erstes Projekt mit dem Kanton Bern. In der Nuklearmedizin sollen die Tätigkeiten der beiden Universitätsspitäler und der medizinischen Fakultäten koordiniert werden. Als erster Schritt soll die Chefarztstelle von beiden Spitälern hälftig getragen werden. Eine wesentlich weitergehende Kooperation zwischen den beiden Fakultäten ist Gegenstand laufender Projektarbeiten.
Wichtig für eine Verbesserung des Kosten-/Nutzenverhältnisses ist das Formulieren klarer Leistungsaufträge für die Abteilungen. Ziel ist, bis 1998 alle Leistungsaufträge definitiv erteilt zu haben.
Die Abteilungen, über deren Budget Subventionsverträge abgewickelt werden, haben den Auftrag, diese Verträge auf ihre generelle Notwendigkeit, aber auch auf mögliche Einsparungen hin zu untersuchen. Im Bereich der Privatspitäler wird die erwartete Abnahme von Akutpflegetagen in der Allgemeinen Klasse auch zu einer Reduktion der Subventionen führen.
Im Gesundheitswesen dürfte das Ziel, die laufenden Nettoausgaben inklusive Kleininvestitionen bis zum Jahr 2000 gegenüber 1997 um 30 Millionen Franken zu senken, erreicht werden. Die Reduktion im Jahr 1998 beträgt bereits 12,2 Millionen Franken. Allerdings ist angesichts des seit mehreren Jahren laufenden Prozesses der jährlichen Vorgabekürzung bei den Spitälern und Kliniken nicht auszuschliessen, dass dieses Vorgehen zunehmend an Grenzen stösst. Sollten sich Realisierungsschwierigkeiten ergeben, müssen weitergehende Massnahmen ins Auge gefasst werden.
Kürzung der Investitionen
Im Vernehmlassungsvorschlag sah der Regierungsrat eine Kürzung der Nettoinvestitionen auf einen jährlichen Investitionsplafond von 310 Millionen Franken im Jahr 2000 vor. In den Vernehmlassungen wurde diese Kürzung als zu gering bemängelt. Der Regierungsrat hält eine um 10 Millionen erhöhte Kürzung auf 300 Millionen Franken im Jahr 2001 für gerade noch durchführbar. Damit werden aber neue Vorhaben praktisch vereitelt.
Erhöhung der Einnahmen
Ab dem Jahr 1999 sollen die Motorfahrzeugsteuern für leichte Motorwagen um 15 Prozent, für schwere Motorwagen um 10 Prozent erhöht werden. Damit liegt Basel-Stadt bei den leichten Motorwagen nur unwesentlich über dem Schweizer Durchschnitt. Bei den schweren Motorwagen würde der Kanton allerdings beinahe die Spitze einnehmen. Deshalb ist für Fahrzeuge ab 50 Steuer-PS eine Reduktion um 34 Prozent vorgesehen. Die Erhöhung der Motorfahrzeugsteuern bedingt eine Gesetzesänderung und würde rund 3,9 Millionen Franken zusätzliche Einnahmen pro Jahr bringen. Auch mit dieser massvollen Erhöhung ist die seit der vorletzten Revision von 1974 aufgelaufene Teuerung bei weitem nicht ausgeglichen.
Abschliessend hält der Regierungsrat fest, dass das Budget 1998 aufgrund von niedrigeren Einnahmen schlechter als geplant ausfällt und die Sparvorgaben deshalb unbedingt eingehalten werden müssen, um die Glaubwürdigkeit des Sanierungsprojekts "Haushalt 2000" nicht zu gefährden.