Zur Erinnerung an den ersten Zionisten-Kongress von 1897 in Basel
MedienmitteilungRegierungsrat
Der Regierungsrat das Kantons Basel-Stadt hat vor mehr als 3 Jahren beschlossen aus Anlass des 100. Jahrestages des 1. Zionistenkongresses in Basel dieses welthistorischen Ereignisses in angemessener Weise zu gedenken. Neben der Universität haben verschiedene Organisationen und Vereine in einem Komitee unter der Leitung des Vizedirektors von Basel-Tourismus Dennis Rhein die Planung und Durchführung dieser Veranstaltungen übernommen.
Der Zionismus hat auf dem 1. Kongress im August 1897 in Basel sein politisches Hauptziel, die Errichtung einer "öffentlich rechtlich gesicherten Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina", formuliert und den vielfäItigen Bestrebungen im jüdischen Volk nach nationaler Selbst-Emanzipation eine organisatorische Plattform gegeben. Er knüpfte damit an die mit der Modernisierung Europas verbundenen Versprechen auf gleiche Bürgerrechte für alle und das Recht auf nationale Selbstbestimmung. Zugleich erneuerte der Zionismus aber auch das traditionelle Selbstverständnis der Juden als Volk, indem er es im Kontext europäischer Nationalbewegungen interpretierte. Die Rückkehr von Juden und Jüdinnen nach Zion - also in ihre historische Heimat - ist aber auch eine Reaktion auf nationalistische und antisemitische Tendenzen in Europa gewesen. Als nationale Befreiungsbewegung des jüdischen Volkes hat der Zionismus Juden aus verschiedensten Lebenswelten und unterschiedlicher Richtungen gesammelt. Mit der Erklärung des britischen Aussenministers, Lord Balfour, der das Wohlwollen der Regierung seiner Majestät für die zionistischen Bestrebungen formulierte, hat der Zionismus 1917, zwanzig Jahre nach dem 1. Kongress, einen wichtigen Erfolg errungen. Und 1947, nochmals dreissig Jahre später, hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen in einer Resolution die Teilung Palästinas empfohlen und so die entscheidende Weiche zur Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel im Mai 1948 und zur völkerrechtlichen Anerkennung gestellt.
Die Entstehung des Staates wurde überschattet durch die grösste Tragödie des jüdischen Volkes, die Schoa. Zudem ist die Staatswerdung Israels nicht im Einvernehmen mit der arabischen Bevölkerung und den arabischen Nationen erfolgt, sondern musste in militärischen Konflikten durchgesetzt und behauptet werden. Dieser tragische Konflikt harrt noch heute einer dauerhaften Lösung. Doch ist zu hoffen, dass der mit den Verträgen von Oslo 1993 eingeleitete Prozess zu einer dauerhaften Verständigung in der Region führt, so dass Israelis und Palästinenser friedlich neben- und miteinander leben können.
Unsere Stadt war anfangs August Veranstalterin und Gastgeberin einer Podiumsdiskussion, an der prominente israelische und palästinensische Politiker unterschiedlicher Richtungen sich zu einem öffentlichen Meinungsaustausch zusammengesetzt haben. Dies ist ein ermutigendes Zeichen für eine weiterhin vorhandene Dialogbereitschaft gewesen. Wir sind bereit, unsere guten Dienste für solche Verständigungsbemühungen, so weit es in unseren Kräften steht, wieder zur Verfügung zu stellen.
Wir wissen, dass die zionistische Bewegung in unserer Stadt von Anfang an auf Sympathie und Wohlwollen traf, und zwar sowohl bei den politischen Verantwortlichen wie in der Israelitischen Gemeinde und unter vielen Bürgerinnen und Bürgern. Wir wissen aber auch, dass auch in unserer Stadt und in unserem Land feindselige Einstellungen und verzerrte Wahrnehmungen, kurz: Antisemitismus vorhanden war, der sich nicht nur gegen Zionisten, sondern gegen alle Juden richtet. Die Diskussionen über das Verhalten der Schweiz im 2. Weltkrieg, im Blick insbesondere auf die unmenschliche Abweisung von etwa 30'000 jüdischen Flüchtlingen erinnert uns daran. Auch wann Basel sich in mancher Hinsicht "humaner" verhalten hat, verkennen wir doch nicht das Ausmass des Versagens. Doch wir fügen auch hinzu, dass nicht wenige mutige Bürgerinnen und Bürger, auch solche, die in kantonalen oder Ämtern des Bundes tätig waren, sich für die Aufnahme von Flüchtlingen tapfer eingesetzt und unser Land auch zur Rettung von Leben beigetragen hat.
Das Gedenken des 1. Zionistenkongresses ist für den Regierungsrat auch eine Gelegenheit, an die Tugenden der Offenheit und der Toleranz, des solidarischen und respektvollen Miteinanders gerade in Hinsicht auf Minderheiten zu erinnern, sie fortzusetzen und weiter zu entwickeln. Auch dies haben wir als Erbe unserer Vorfahren übernommen.