Die Klassengrösse hat als Steuerungsmodell ausgedient
MedienmitteilungRegierungsrat
Eine geringe Klassengrösse allein ist noch kein Garant zur Verbesserung der Schulqualität. Der Regierungsrat beantragt dem Grossen Rat den Stimmberechtigten die Initiative "für kleinere Schulklassen" ohne Gegenvorschlag und mit Empfehlung zur Verwerfung vorzulegen. Im Vergleich zum minimalen pädagogischen Nutzen wären die finanziellen Aufwändungen bei einer Senkung der Klassengrösse auf das von der Initiative geforderte Niveau zudem immens. Heute stehen geeignetere Planungsinstrumente zur Verfügung welche den Gegebenheiten der unterschiedlichen Schulstandorte weit besser Rechnung tragen; die Bedeutung des Faktors Klassengrösse ist in den letzten Jahren gesunken.
Im Jahre 1977 haben die Stimmberechtigten eine Initiative angenommen und damit die maximale Schülerzahl pro Klasse auf max. 25 festgelegt. Diese Richtzahlen sollen nun erneut gesenkt werden: Die von der Gewerkschaft Erziehung eingereichte Initiative "für kleinere Schulklassen" verlangt für die Kindergärten und die Weiterbildungsschule eine Richtzahl von 18, für die Primarschulen, die Orientierungsschule, die Diplomschulen und die Gymnasien eine Richtzahl von 20, während die Klassengrösse bei den Kleinklassen in der Regel 12 nicht übersteigen soll.
Wie nun der Regierungsrat in einem Bericht an den Grossen Rat festhält, gibt es verschiedene Gründe, die gegen die Initiative "für kleinere Schulklassen" sprechen:
Abteilungsunterricht
Im Gegensatz zu früher finden längst nicht mehr alle Unterrichtsstunden in der Gesamtklasse statt. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Primarschulen: Seit der Einführung der Blockzeiten werden auf dieser Stufe zwischen acht und zehn Unterrichtsstunden pro Woche in sogenannten Abteilungen - d.h. mit reduzierter Schülerzahl - erteilt. Die offizielle Klassengrösse gibt diese schulische Realität nur ungenügend wieder. Deshalb ist deren Bedeutung in den letzten Jahren gesunken. Das Steuerungsinstrument der Zukunft bezieht sich denn auch nicht mehr auf eine generell festgelegte Klassengrösse. Vielmehr soll jeder Schule ein "Globalkredit" in Form einer Lektionenzahl pro Schülerin bzw. Schüler zur Verfügung stehen, welcher bedarfsgerecht - beispielsweise unter Berücksichtigung des Anteils fremdsprachiger Schülerinnen und Schüler in einer Klasse - eingesetzt werden kann. Die entsprechenden Instrumente werde zurzeit entwickelt und können erstmals bei der Budgetierung 2002 Anwendung finden.
Stand der Forschung zur Bedeutung der Klassengrösse
Die kleinere Klasse ist eine populäre Forderung, die bei Lehrkräften und Eltern teilweise mit einer hohen Erwartung hinsichtlich der Verbesserung der Schulqualität verbunden ist. Im Gegensatz zu dieser weitherum verbreiteten Meinung ist die aktuelle Forschungslage allerdings weniger eindeutig: In keinem Unterrichtsbereich lassen sich verallgemeinerungsfähige Befunde zu den Effekten unterschiedlicher Klassenbestände nachweisen.
Hohe Kosten
Die heute geltenden Richtzahlen werden in der Praxis kaum je ausgeschöpft und so gut wie nie überschritten. Vielerorts entsprechen die Schülerzahlen den Forderungen der Initiantinnen und Initianten bereits. Um lediglich die im Vergleich zu den Richtzahlen der Initiative bestehenden Abweichungen nach oben aufzufangen, bedürfte es rund 60 neuer Klassen. Geht man ausserdem davon aus, dass die effektive Richtzahl im Durchschnitt um zwei SchülerInnen unterschritten wird, so ist über alle Schulstufen hinweg mit der Eröffnung von mindestens 100 Klassen zu rechnen. Die durchschnittlichen Lohnkosten betragen pro Klasse im Durchschnitt 250'000.- Fr. Zudem ist der zur Verfügung stehende Schulraum vielerorts bereits heute eher knapp. Die Annahme der Initiative würde die bestehenden Raumprobleme noch verschärfen. Gemäss einer vorsichtigen Schätzung wären zur Unterbringung der neu zu bildenden Klassen sechs neue Schulhausbauten erforderlich. Kostenpunkt: einmalige Bauinvestitionen in der Höhe von mindestens 160 Mio. Franken.
Im Verhältnis zum minimalen pädagogischen Nutzen wären die finanziellen Aufwändungen bei Erfüllung der Forderungen der Initiative "für kleinere Schulklassen" nicht vertretbar. Der Regierungsrat beantragt deshalb dem Grossen Rat, den Stimmberechtigten die Initiative "für kleinere Schulklassen" ohne Gegenvorschlag und mit Empfehlung zur Verwerfung vorzulegen.