Neuregelung für die kantonalen Beihilfen
MedienmitteilungRegierungsrat
Die vom Regierungsrat in Aussicht gestellte Vorlage betreffend die kantonalen Beihilfen liegt vor. Die Beihilfen sollen auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden. Der Regierungsrat hat ausserdem beschlossen die in einem Entscheid der kantonalen Rekurskommission zugesprochene Erhöhung der Beihilfen ab Juli diesen Jahres allen zu Hause wohnenden Bezügerinnen und Bezügern – allerdings ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - zu gewähren und eine einmalige Nachzahlung zu leisten.
Der Regierungsrat hat die Vorlage zur Neuregelung der kantonalen Beihilfen verabschiedet. Auslöser für diesen Gesetzesentwurf ist zum einen die Abstimmung vom April 1998, als die von Regierungsrat und Parlament beschlossene rasche Abschaffung der Beihilfen für zu Hause wohnende Bezügerinnen und Bezüger knapp abgelehnt wurde. Der Regierungsrat hatte im Nachgang auf 2003 eine Vorlage zur Sicherung der Beihilfen in Aussicht gestellt. Zum anderen hatte der Regierungsrat nun auf das Urteil der kantonalen Rekurskommission AHV/IV einzugehen, wonach in den letzten Jahren der Teuerungsausgleich bei den Beihilfen nicht ausreichend gewährt worden sei.
Mit der jetzigen Vorlage sollen die Beihilfen nun auf eine sozialpolitisch überzeugende sowie rechtlich eindeutige Grundlage gestellt werden. Der allgemeine Lebensbedarf der Beihilfe für Alleinstehende soll auf den 1.1.2003 um Fr. 520.- auf Fr. 18'740.- erhöht werden. Dies entspricht einer Erhöhung von 2,9% gegenüber 2001. Der maximale monatliche Beihilfebetrag für eine alleinstehende Person erhöht sich dadurch von derzeit Fr. 112.- auf Fr. 120.- (+ 7%). Der Lebensbedarf für Ehegatten soll neu wieder, wie bei den Ergänzungsleistungen, das 1,5-fache des Betrages für Alleinstehende, d.h. neu Fr. 28'110.- betragen. Daraus ergibt sich für Ehepaare neu ein Beihilfebetrag von maximal Fr. 180.-. Für Ehepaare, die bereits Beihilfen beziehen, ist eine Übergangsregelung vorgesehen. Zum Lebensbedarf kommen wie bisher die weiteren Leistungen der Ergänzungsleistungen (EL) wie Miete, Krankenkassenprämien etc.. Auf die bisherige Möglichkeit, anstelle der Anpassung des Lebensbedarfs einmalige Teuerungszulagen auszurichten, wird verzichtet, und der Regierungsrat wird künftig verpflichtet, den Beihilfe-Lebensbedarf immer dann der Basler Teuerung anzupassen, wenn der Bundesrat den EL-Lebensbedarf anpasst. Damit wird sichergestellt, dass das reale Lebenshaltungsniveau der Beihilfebezügerinnen und -bezüger gehalten wird. Die Beihilfebeträge gehen also nur dann zurück, wenn die EL über die Teuerung hinaus angehoben werden. Ausserdem beantragt der Regierungsrat die gesetzliche Verankerung der Vergünstigung der Umweltschutzabonnemente für die Bezügerinnen und Bezüger von EL und Beihilfen. Der Regierungsrat will mit seiner Vorlage den realen Lebensbedarf sichern und gleichzeitig eine bedarfsgerechte Verteilung der staatlichen Mittel im Sozialbereich erreichen.
Die neue Regelung ist mit wiederkehrenden Mehrkosten gegenüber dem Status Quo von Fr. 2,2 Mio verbunden. Die Kosten für die Vergünstigung des U-Abos werden auf Fr. 0,7 Mio veranschlagt.
Vor einigen Monaten war die kantonale Rekurskommission AHV/IV zum Schluss gekommen, dass der Regierungsrat seit 1992 den Lebensbedarf bei den Beihilfen nur ungenügend angepasst habe und diese jetzt unter dem gesetzlichen Anspruch liegen würden. In den konkreten Rekursfällen hatte die Rekurskommission den Beihilfebetrag ab Januar 2001 neu festgesetzt. Diese Urteile sind aus formellen Gründen nicht anfechtbar. Der Regierungsrat nahm diese Urteile jedoch zum Anlass, die Entwicklung der Beihilfen eingehend und über einen längeren Zeitraum als die Rekurskommission zu prüfen.
Der Regierungsrat ist seit 1976 gesetzlich verpflichtet, den Beihilfe-Lebensbedarf regelmässig der Preisentwicklung gemäss Basler Index anzupassen. Die früheren Anpassungen des Lebensbedarfs, vor allem Ende der 80er und Anfang der 90er-Jahre, gingen jedoch teilweise weit über die Teuerung hinaus. Ausserdem wurde die Beihilfe für Ehepaare vom anderthalbfachen auf das zweifache der Beihilfe für Einzelpersonen angehoben. Im Ergebnis liegen die Beihilfen heute effektiv weit über der vom Gesetzgeber ursprünglich beabsichtigten Höhe: Hätte der Regierungsrat von 1976 bis 2001 den allgemeinen Lebensbedarf jeweils strikt der Preisentwicklung angepasst, würde der monatliche Beihilfebetrag wegen der relativ starken Erhöhung der EL für Alleinstehende heute nur noch Fr. 8.- betragen, diejenige für Ehepaare Fr. 12.-. Und mit der nächsten Erhöhung des EL-Lebensbedarfs, d.h. per 1.1.2003, würde sie ganz wegfallen. Zum Vergleich: Die aktuellen Beträge belaufen sich auf Fr. 112.- und Fr. 288.-. Aufgrund dieser Entwicklung ist u.a. auch die Finanzkontrolle zum Schluss gekommen, dass die aktuellen Beträge klar über das vom Gesetzgeber ursprünglich beabsichtige Mass hinausgehen und dass der gesetzliche Zustand wiederherzustellen sei.
Die Unterschiede in der Beurteilung der korrekten Höhe der Beihilfe zwischen dem Regierungsrat und der Rekurskommission AHV/IV sind dadurch zu erklären, dass letztere nicht den ganzen Zeitraum seit 1976 berücksichtigt, sondern sich auf die Entwicklung erst ab 1992 konzentriert hat. Die Kommission ist indes möglicherweise im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht mit genügender Deutlichkeit auf die früheren übermassigen Erhöhungen hingewiesen worden.
Aus Gründen der Rechtsgleichheit aber ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, hat der Regierungsrat beschlossen, die mit Urteilen der Rekurskommission AHV/IV den einzelnen Beschwerdeführern zugesprochene Erhöhung ab Rechtskraft des Urteils, per Juli 2002, allen 6’500 zu Hause wohnenden Bezügerinnen und Bezügern als Nachzahlung zukommen zu lassen: Voraussichtlich per Ende 2002 wird für den Zeitraum Juli – Dezember 2002 die Differenz zwischen der bereits ausbezahlten Beihilfe und der Beihilfe gemäss Berechnung der Rekurskommission ausbezahlt. Pro Monat erhält demnach jede alleinstehende Person den Betrag von Fr. 141.-. Bei den Ehepaaren wird wie bei den EL auf den anderthalbfachen Lebensbedarf abgestellt. Dementsprechend erfolgt an sie eine Nachzahlung von Fr. 92.- pro Monat. Diese Nachzahlung fällt im Vergleich geringer aus, weil die Ehepaare aktuell mehr als die doppelte Beihilfe der Alleinstehenden erhalten. Die Gesamtkosten für diese Nachzahlung belaufen sich auf rund Fr. 5 Mio.
Für den Fall, dass die dem Grossen Rat beantragte Gesetzesänderung per 1. Januar 2003 noch nicht in Kraft ist, wird für Alleinstehende der aktuelle Betrag für den Beihilfe-Lebensbedarf an die bis Ende Jahr gemäss Basler Index für Konsumentenpreise zu erwartende Teuerung der Jahre 2001 und 2002 von voraussichtlich insgesamt 1% angepasst. Der Beihilfe-Lebensbedarf erhöht sich dadurch für Alleinstehende auf Fr. 18'400.-.. Auf eine Senkung des Beihilfe-Lebensbedarfs für bisherige Bezügerinnen und Bezüger einer Ehepaarsbeihilfe wird aus Gründen des Vertrauensschutzes vorerst verzichtet. Die maximalen Beihilfen belaufen sich dann monatlich auf Fr. 92.- für Alleinstehende bzw. auf Fr. 235.- für Ehepaare, die bereits eine Beihilfe beziehen. Die Ehepaarsbeihilfe für neue Bezügerinnen und Bezüger kantonaler Beihilfen wird wieder auf das anderthalbfache der Alleinstehenden-Rente, d.h. auf Fr. 27'600.- (2003: monatlich Fr. 138.-) festgesetzt.
Die weiteren im Rahmen der Gesetzesvorlage und der Verordnung vorgesehenen Änderungen betreffen zum einen die klare gesetzliche Verankerung von in der Praxis bereits realisierten Verbesserungen im Alterspflegebereich, insbesondere die Pflegeberatung, ein neues Vermittlungssystem sowie die Einführung eines neuen Systems zur Abklärung des individuellen Pflegebedarfs. Weitere Änderungen betreffen die Rückerstattung und Verrechnung von zuviel ausgerichteten Beihilfen und eine Änderung der Einkommens-Anrechnung bei Ehepaaren, wenn ein Teil im Pflegeheim und der andere noch zu Hause lebt. Ferner wird die im neuen Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) im Bereich der Ergänzungsleistungen vorgesehene Einsprachemöglichkeit umgesetzt und auch für die Beihilfen im kantonalen Gesetz verankert.