Agglomerationsverkehr: Die Kantone Basel-Stadt Basel-Landschaft und Tessin machen gemeinsame Sache
MedienmitteilungMedienmitteilung der Regierungen der Kantone Basel-Stadt Basel-Landschaft und Tessin -- Am 8. Juni haben die Kantonsregierungen von Basel-Stadt Basel-Landschaft und Tessin in Basel zum Thema Agglomerationsverkehr in grenzüberschreitenden Regionen über ihre gemeinsamen Ziele orientiert. In ihrer Botschaft bekräftigen die Vertreter/innen der drei Kantonsregierungen dass die Verlagerung des Nord-Süd-Gütertransitverkehrs auf die Schiene zwar wichtig sei dass sie aber den Agglomerationsverkehr nicht benachteiligen dürfe. Sie riefen die Bundesbehörden auf die rechtliche Basis für eine rasche und substanzielle Mitfinanzierung von Verkehrsprojekten in den Agglomerationen zu schaffen.
Ein gemeinsamer Netzwerkanlass der Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Tessin war am 8. Juni in Bern dem Thema Agglomerationsverkehr in grenzüberschreitenden Regionen gewidmet. Regierungsmitglieder aus den drei Kantonen Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Tessin sowie Nationalrat Peter Vollmer erläuterten dabei ihre Forderungen in bezug auf die künftige Verkehrspolitik in den Agglomerationen. Der Anlass stiess auf grosses Interesse der rund 100 anwesenden Gäste aus Bundesparlament, Bundesverwaltung und Interessenorganisationen aus dem Bereich Agglomerationsverkehr.
Regierungsrat Ralph Lewin, der Vorsteher des Wirtschafts- und Sozialdepartement Basel-Stadt, wies daraufhin, dass bis 2020 mit einer Zunahme der Personenkilometer von 18 bis 48 Prozent zu rechnen ist. Falls nichts unternommen wird, werden Pendlerinnen und Pendler, Einkaufstouristen etc. immer öfter und immer länger im stadtnahen Verkehrsstau stehen. Die Städte und Agglomerationen würden so zunehmend an Attraktivität als Wirtschafts- und Freizeitstandort einbüssen; Luft- und Lärmbelästigungen würden die Städte in ihrer Funktion als Lebens- und Wohnräume beeinträchtigen. Damit unsere Agglomerationen weiterhin im schweizerischen und europäischen Standortwettbewerb bestehen können, ist daher eine abgestimmte und effiziente Verkehrspolitik dringend nötig. Befürworter wie Gegner waren sich nach der Ablehnung des Gegenvorschlag zur Avanti-Initiative einig, dass auch in Zeiten knapper Kassen an (finanziellen) Lösungen des Agglomerationsverkehrs gearbeitet werden muss, führte Ralph Lewin weiter aus. Vor diesem Hintergrund sehen die beiden Basel ebenso wie das Tessin klar die Notwendigkeit, dass der Bund das Thema Agglomerationsverkehr entschieden vorantreibt und Lösungen anstrebt, die der effektiven Problemlage entsprechen, das heisst Entlastungen in den Ballungsgebieten primär der grossen Städte und ihrer vorgelagerten Einzugsbereiche zu schaffen. Dafür ist die finanzielle Beteiligung des Bundes zwingend.
Regierungsrätin Barbara Schneider, Vorsteherin des Baudepartements Basel-Stadt und Vorsitzende des Agglomerationsprogramms Basel, skizzierte die Arbeiten in der 750'000-Personen grossen trinationalen Agglomeration Basel (TAB), welche Gemeinden aus den Kantonen Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Aargau und Solothurn sowie aus Deutschland und Frankreich umfasst. Basierend auf dem gemeinsamen Entwicklungskonzept TAB aus dem Jahr 2001 und in enger Kooperation mit dem existierenden TAB-Verein wurde eine umfangreiche Bestandesaufnahme durchgeführt. So wurden Siedlungspotenziale in der Höhe von mehreren Hunderttausend Quadratmetern Bruttogeschossfläche ebenso erfasst wie 160 Verkehrsmassnahmen. Verkehr bedeutet dabei Motorisierter Individualverkehr (MIV), Öffentlicher Verkehr und Langsamverkehr. Damit keine Überkapazitäten entstehen, und unnötig teures öffentliches Geld für Infrastruktur ausgegeben wird, strebt Basel eine nachhaltige Agglomerationsentwicklung an. Verkehr- und Siedlungsentwicklung sollen besser aufeinander abgestimmt werden. Dem grenzüberschreitenden S-Bahnausbau kommt eine grosse strukturierende Bedeutung zu. Im nächsten Arbeitsschritt werden aus der umfangreichen Projektsammlung sorgfältig Prioritäten festgelegt. Kosten-Nutzen-Berechnungen sorgen für objektive Kriterien. Das Gesamtverkehrsmodell TAB ermöglicht es, die verkehrliche Wirksamkeit der verschiedenen Projekte zu ermitteln und die Besten herauszuschälen. Im Verlaufe des Herbstes werden diese Fachergebnisse in breit abgestützten Foren mit den betroffenen Gemeinden und interessierten Organisationen diskutiert. Ziel ist es, so Barbara Schneider, bis zum neuen Abgabetermin des Bundes ein konsensfähiges, realisierbares und erfolgreiches Agglomerationsprogramm Basel geschnürt zu haben.
Regierungsrat Marco Borradori, Direktor des Dipartimento del territorio des Kantons Tessin, referierte zum Tessiner Städtenetz mit den Polen Bellinzona, Locarno, Lugano und Chiasso-Mendrisio. Für den Agglomerationsverkehr hat man sich die Ziele gesetzt, die erwartete Verkehrszunahme nachhaltiger zu gestalten und den Modalsplit von heute 14 Prozent öffentlicher Verkehr und 6 Prozent Langsamverkehr zu steigern. Als Instrumente werden einerseits regionale Verkehrspläne geschaffen, welche interdisziplinär angelegt sind und alle Verkehrsträger umfassen. Anderseits denkt man im Tessin an die Befugnisübertragung an regionale Trägerschaften, den sogenannten "commissione regionale dei trasporti".
Nationalrat Peter Vollmer unterstrich die Verantwortung des Bundesparlamentes, für die Mitfinanzierung einer sinnvollen Agglomerationsverkehrspolitik durch den Bund die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Nach dem Bekenntnis zugunsten rascher Lösungen von allen politischen Kreisen anlässlich des "Runden Tisches" vom 1. April 2004 und aufgrund hängiger parlamentarischer Initiativen liegt der Ball bei den Verkehrskommissionen von National- und Ständerat. Angesichts der hohen Bedeutung der Agglomerationen für den Standort Schweiz sollte jetzt endlich ein Durchbruch möglich sein.
Regierungsrätin Elsbeth Schneider-Kenel, Vorsteherin der Bau- und Umweltschutzdirektion Basel-Landschaft, hält schliesslich fest, dass trotz der grossen räumlichen Distanz zwischen den Grossagglomerationen Tessin und Basel sehr viele gemeinsame Interessen und Forderung bestehen. Durch die Internationalität dieser Metropolitan-Räume sind entsprechend flexibel gestaltbare und auf bereits bestehenden Strukturen aufbauende Lösungen zu ermöglichen. Nur so können künftig grenzüberschreitende Probleme einer förderlichen Lösung zugeführt werden. In diesem Zusammenhang weist die Baudirektorin des Kantons Basel-Landschaft explizit darauf hin, dass grenzüberschreitende Agglomerationen gegenüber einfacher strukturierter Agglomerationen auf keinen Fall benachteiligt werden dürfen. Entsprechende Trägerschaften haben also auf die bestehenden internationalen, nationalen und kantonalen Rahmenbedingungen – sowohl strukturell als auch politisch – Rücksicht zu nehmen. Vorgaben des Bundes dürfen nicht dazu führen, dass zusätzliche Probleme und Hürden aufgebaut werden. Vielmehr ist auf politische Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen. Es muss deshalb auch möglich sein, eine Mitfinanzierung für bi- und trinationale Projekte gewährleisten zu können. Zudem sind die Beurteilungskriterien stufengerecht festzulegen, wobei auch der europäische Standard mit zu berücksichtigen ist.
In diesem Sinne werden die vorgenannten Forderungen und Anliegen in der Neuaufgleisung des Agglomerationsprogrammes Eingang finden. Dass bezüglich der Problematik Raum und Verkehr in den Ballungsgebieten etwas geschehen muss, scheint mittlerweile auf breiter Basis erkannt worden zu sein. Dies nicht zuletzt auch, um die Standortgunst der schweizerischen Wirtschaftsräume national und international behaupten und stärken zu können, zum Wohle der ganzen Schweiz.