Regierungsrat Basel-Stadt kritisiert den Entwurf des neuen Hochschulgesetzes
MedienmitteilungRegierungsrat
Der Regierungsrat Basel-Stadt kritisiert den bundesrätlichen Entwurf für ein neues Hochschulgesetz. Die ambitiösen Pläne einer Neugestaltung der Schweizerischen Hochschullandschaft werden nur bruchstückhaft umgesetzt. Sie sind einer sanften Renovation des Status quo gewichen. Dem föderalistischen Interessenausgleich wird nach wie vor ein zu hohes Gewicht eingeräumt – zulasten der internationalen Konkurrenzfähigkeit des Hochschulplatzes Schweiz. Der Regierungsrat fordert auf die vorgeschlagene Neuformulierung des Gesetzes zu verzichten. Sie soll dann erfolgen wenn das schweizerische politische System für eine konsequente Erneuerung bereit ist. Im interkantonalen Kräftemessen gerät die Region Basel an den Rand: Durch eine Abdämpfung der Leistungskriterien werden forschungsintensive Universitäten wie die Universität Basel benachteiligt. Die Stimmen der beiden Trägerkantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft erhalten nicht das Gewicht das ihnen aufgrund ihres Finanzbeitrages zusteht.
Halbherziger Entwurf des neuen Hochschulgesetzes
Der neue Hochschulartikel der Bundesverfassung (Art. 63a) erfordert auch im Hochschulbereich eine koordinierte Bildungspolitik. Der Bundesrat legte daher einen Entwurf zum Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich (HFKG) zur Vernehmlassung vor, den er in einer Projektgruppe mit einzelnen Kantonen ausgearbeitet hat. Der Gesetzesentwurf sieht die gemeinsame Steuerung des gesamten Hochschulraums durch eine von Bund und Kantonen gemeinsam bestellte Hochschulkonferenz vor. Universitäre Hochschulen und Fachhochschulen sollen auf der Basis desselben Hochschulgesetzes gesteuert werden, auch sollen die Zuständigkeiten für Fachhochschulen wie Universitäten in einem Bundesdepartement zusammengeführt werden.
Diese wesentlichen Neuerungen werden allerdings durch eine nach wie vor hohe Dichte zuständiger Gremien und einem stark am Bisherigen orientierten Finanzierungssystem relativiert. Diese Orientierung am Status quo führt dazu, dass die regionalen Hochschulen, insbesondere die Universität Basel benachteiligt bleiben obwohl letztere nachweisbar in den letzten Jahren ihre Outputs gemäss geltenden Leistungskriterien erheblich erhöht hat. Denn im Interesse des föderalen Ausgleichs werden im vorliegenden Gesetzesentwurf die Leistungskriterien abgedämpft und forschungsintensive Universitäten benachteiligt. Zusammensetzung und Stimmgewichtung im neu zu schaffenden Hochschulrat perpetuieren zudem die politische Benachteiligung der Region Basel: Trotz seines neuen bildungs- und finanzpolitischen Engagements erhält der Kanton Basel-Landschaft keinen eigenen Sitz in der neuen Hochschulkonferenz; der Kanton Basel-Stadt verbleibt mit der spezifischen Interessenskonstellation der Forschungsuniversität Basel in einer Minderheitsposition.
Föderalismus wird stärker gewichtet als die internationale Konkurrenzfähigkeit
Am Anfang des Prozesses war seitens des Staatssekretariats wie auch verschiedener anderer Meinungsträger eine ambitiösere Neugestaltung der Schweizerischen Hochschullandschaft beabsichtigt. Im Vordergrund stand die internationale Konkurrenzfähigkeit des Hochschulplatzes Schweiz vor dem föderalen Ausgleich von Partikularinteressen. Inzwischen hat sich gezeigt, dass die politische Realität nach wie vor eine stärkere Gewichtung des Föderalismus auch im Hochschulwesen vorzieht. Angesichts der durchaus ansprechenden Position des Schweizer Hochschulplatzes im internationalen Vergleich, wird dieses Vorgehen offenbar von einer Mehrheit der Meinungsträger gestützt.
Der Regierungsrat vertritt jedoch die Auffassung, dass das Umfeld sich in naher Zukunft deutlich wandeln könnte. Denn die Hochschulsysteme neuer Bildungsnationen treten in die Konkurrenz ein und behaupten sich erfolgreich. Es ist davon auszugehen, dass die Schweiz bald schneller auf internationale Herausforderungen reagieren muss, als dies im komplexen System des HFKG-Entwurfs möglich ist.
Neues Gesetz verfrüht
Angesichts der letzten Endes moderaten Reform des bestehenden Systems vertritt der Regierungsrat die Auffassung, dass dafür eine Teilrevision der gegebenen Gesetze genügt. Die grundlegende Erneuerung ist dann anzustreben, wenn aufgrund der internationalen Entwicklung die Bereitschaft konsequenter Neuausrichtung in der Schweiz grösser ist.
Stellung der Nordwestschweiz – insbesondere der beiden Basel - geschwächt
Der HFKG-Entwurf sieht als zentrales Strategie- und Entscheidungsorgan eine Schweizerische Hochschulkonferenz vor. Diese soll in zwei Versammlungsformen, einer Plenarversammlung und einem Ausschuss, dem Hochschulrat, tagen. Der Regierungsrat hält in seiner Vernehmlassungsantwort fest, dass mit dieser eigentümlichen Aufteilung in zwei Versammlungsformen eine Doppelspurigkeit zur Plenarkonferenz der Schweizerischen Konferenz der Erziehungsdirektoren (EDK) hergestellt wird, deren Auswirkung in der bildungspolitischen Praxis noch unklar bleibt. In beiden Versammlungsformen gelten Stimmgewichtungen, welche für die Nordwestschweiz generell und die beiden Basel im Besonderen vollkommen unakzeptabel sind. Das jetzt vorgeschlagene Kopfstimmprinzip kombiniert mit einer Gewichtung nach Studierendenzahlen im Hochschulrat führt dazu, dass kleinen Universitätskantonen mit einem Trägerengagement im einstelligen oder tieferen zweistelligen Millionenbereich gleich viel oder gar mehr Stimmgewicht zukommt wie den beiden Basel mit ihren um ein Vielfaches grösseren Trägerbeiträgen allein im Universitätsbereich. Der Regierungsrat schlägt demgegenüber vor, die Stimmgewichtung in den Entscheidungsgremien gemäss finanziellem Engagement der Träger auszugestalten.
Strategische Planung und Finanzierungssystem
Der vorgesehenen nationalen strategischen Planung unter der Hoheit der Hochschulkonferenz und damit unter Federführung des Bundesrats, welcher letztere präsidieren soll, wird zugestimmt. Sie muss sich auf Grundsätzliches beschränken, um die Autonomie der einzelnen Hochschulen zu wahren. Die vorgeschlagenen Grundsätze zur Definition des Finanzbedarfs der schweizerischen Hochschullandschaft findet ebenfalls die Zustimmung des Regierungsrats. Allerdings bleibt zu bemängeln, dass zum Zeitpunkt der Vernehmlassung die konkreten Folgen der vorgeschlagenen Finanzierungssystematik noch weitgehend unbekannt sind.
Duale Berufsbildung und Fachhochschulen
Mit der Einführung eines neuen HFKG wird das bisherige Fachhochschulgesetz mit seinen spezifischen auf das duale Berufsbildungssystem ausgelegten Festlegungen aufgehoben. Der Regierungsrat fordert deshalb, dass der aktuelle HFKG-Entwurf um jene Bestimmungen ergänzt wird, welche die Praxisorientiertheit der Fachhochschulbildung und die spezifischen Passerellen für Absolventinnen und Absolventen der Berufsbildung sicherstellt. Desgleichen müssen die Fachmittelschulabschlüsse als Zugang zu den betreffenden Fachhochschulen verankert werden.