Erlass des kantonalen Richtplans Basel-Stadt
MedienmitteilungRegierungsrat
Der Regierungsrat hat am 20. Januar 2009 den kantonalen Richtplan erlassen. Damit wird der Richtplan für die Behörden des Kantons Basel-Stadt verbindlich. Für den Bund und die Nachbarkantone wird er verbindlich sobald er vom Bundesrat genehmigt ist. Das Genehmigungsverfahren wird bis Mitte Februar eingeleitet. In der Vorprüfung durch den Bund ist der Entwurf sehr gut aufgenommen worden. Mit den Korrekturen und Ergänzungen aufgrund des Mitwirkungsverfahrens vermittelt der Richtplan neue Akzente; die strategische Ausrichtung musste nur wenig modifiziert werden. Die Umsetzung einiger zentraler Richtplanvorgaben erfolgt über die Zonenplanrevision. Die Themen der Zonenplanrevision Basel werden im Laufe dieses Jahres in Informationsveranstaltungen vorgestellt; ein „Basisratschlag“ wird auf 2010 vorbereitet.
Der Entwurf des kantonalen Richtplans stiess in der Vernehmlassung im Frühjahr 2008 auf grosses Interesse. In den 107 teils umfangreichen Stellungnahmen von Quartiervereinen, Interessensorganisationen, Verbänden, Vereinen, Unternehmen, Parteien, Gebietskörperschaften des In- und Auslands und von Einzelpersonen fanden sich viele kritische, aber auch zustimmende Anregungen und Bemerkungen. Der Entwurf wurde zudem in den Medien diskutiert. Der Bund hat sich mit einem Vorprüfungsbericht zum Entwurf geäussert. Der Regierungsrat konnte dabei feststellen, dass sich Basel-Stadt mit dem vorgesehenen Richtplan einen ausgezeichneten Rahmen für die räumliche Entwicklung gebe. Mit der Strategie sowie mit den Richtplaninhalten zum Bereich Siedlung zeige der Kanton sehr interessante Ansätze auf. Ein Verbesserungsbedarf bestehe noch bei den Aussagen zu den verkehrsintensiven Einrichtungen sowie bei der Verbindlichkeit der Festlegungen im Bereich Natur- und Landschaftsschutz.
Im Mitwirkungsverfahren am meisten diskutiert wurden die Siedlungsentwicklung und die Mobilitätsstrategie:
Siedlungsentwicklung
Eine deutliche Zustimmung erfuhr der in regionaler Sichtweise formulierte strategische Ansatz der „Siedlungsentwicklung nach innen“. Über die Umsetzung dieses zentralen raumplanerischen Postulates gibt es allerdings gegensätzliche Vorstellungen. Befürchtet werden Verdrängungen von Familiengärten, Frei- und Grünräumen und des Gewerbes, gefordert werden Verdichtungen im Bestand u. a. durch Aufzonung, Errichtung von Hochhäusern und Erneuerung schlechter Substanz. Insgesamt wird die Strategie des Regierungsrates aber bestätigt: Angemessene Siedlungsgebietserweiterungen – notabene weniger als 1% des Kantonsgebietes – sind deshalb vonnöten, weil im Bestand nur sorgfältig und rücksichtsvoll in Bezug auf die vielfältigen Nutzungsinteressen verdichtet werden kann. Die Siedlungserweiterungen leisten einen zwar insgesamt kleinen, aber unverzichtbaren Beitrag zur Wohnraumerweiterung.
Mobilitätsstrategie
In der Mitwirkung wurde mehrheitlich anerkannt, dass der öffentliche Verkehr und der Langsamverkehr den richtigen Stellenwert im Richtplan haben. Die Mobilitätsstrategie wird aber von Wirtschafts-, Gewerbe- und Verkehrsverbänden kritisiert. Auf die Bedürfnisse der Wirtschaft sei einzugehen, der MIV würde als Behinderer des ÖV bezeichnet und der Langsamverkehr an die erste Stelle der Leitsätze gesetzt; zudem fehle ein Konzept für bedarfgerechten Parkraum. Der Regierungsrat ist aber der Auffassung, dass in Basel-Stadt vielfältige Nutzungen auf engstem Raum möglich sein müssen. Der flächenintensive motorisierte Individualverkehr kann nicht die Rolle spielen, die ihm die genannten Verbände geben wollen. Andererseits ist der gezielte Ausbau des Strassennetzes, der von den Umweltschutzverbänden stark kritisiert wird, auch im Interesse der Einwohnerschaft nötig. Die regierungsrätliche Strategie, die auf einer angebotsorientierten Verkehrsplanung beruht (Verkehrsplan Basel, 2001), ist im übrigen abgestimmt mit dem Agglomerationsprogramm Basel.
Aufgrund des Mitwirkungsverfahrens und des Vorprüfungsberichts des Bundes wurden vor allem folgende wesentliche Anpassungen vorgenommen:
Modifikationen bei den Siedlungsgebietserweiterungen
Eine Bebauung des Bäumlihofareals würde keine Akzeptanz finden, daher wird darauf verzichtet. Der mögliche Raum für Siedlungserweiterungen auf dem Bruderholz (Stadtabschluss Basel Süd) ist jetzt aufgrund von Testplanungen zugunsten des Landschaftsschutzes deutlich verkleinert. Die Gemeinde Riehen erhält neu die Chance, durch eine zeitlich vorgezogene Entwicklung im Bereich Rheinäcker/Landauer auf das Siedlungsgebiet Oberfeld zu verzichten.
Vorgaben für Familiengärten
Aufgrund der äusserst begrenzten Raumreserven des Kantons ist es notwendig, Landnutzung und die zentralen Anliegen einer nachhaltigen Stadtentwicklung in Übereinstimmung zu bringen. Das stark gewichtete Anliegen eines ausreichenden Angebotes an hochwertigem Wohnraum und an attraktiven öffentlichen Freiräumen verpflichtet dazu, auch Umnutzungen von Familiengartenarealen an geeigneten Standorten vorzusehen. Die entsprechenden Fragen werden anlässlich der Zonenplanrevision mithilfe eines Entwicklungskonzeptes Familiengartenareale für diejenigen Gartenareale, die über das Eigentum oder die Raumplanung beeinflusst werden können, beantwortet werden. Im Richtplan sind dafür die notwendigen Planungsanweisungen formuliert.
Vorgaben für Hochhäuser
Von sehr vielen Seiten wurde ein Hochhauskonzept eingefordert, allerdings verschieden motiviert: Die einen verfolgen Heimatschutzanliegen, andere machen generelle Überlegungen zur Stadtverdichtung. Mit einem neuen Objektblatt werden die Modalitäten für die Hochhausplanung dargelegt; ein Hochhauskonzept ist in Erarbeitung.
Wirtschaftliche Schwerpunktgebiete
Auf das in Gewerbe- und Wirtschaftskreisen sehr kritisch aufgenommene Vorhaben „Schwerpunktgebiete mit Planungsbedarf“ wird verzichtet. Es wurde befürchtet, dass die Entwicklungsmöglichkeiten für die Wirtschaft unnötig eingeschränkt und potenzielle Investoren abgeschreckt würden. Das Ziel, mit Planungsgrundsätzen eine Richtung vorzugeben, die die Abstimmung von wirtschaftlichen mit städte- und wohnbaulichen Interessen erleichtert, kann auf anderem Weg erreicht werden. Damit der Spielraum für die Wirtschaft gewahrt bleibt, wurden neu in verschiedenen Gebieten im Bereich heutiger Industriezonen „Wirtschaftliche Schwerpunktgebiete“ definiert.
Gewerbe / Mischnutzungen
Das Gewerbe steht in Konkurrenz mit Dienstleistungsnutzungen und muss sich auf dem freien Markt behaupten. Das Gewerbe hat aber Möglichkeiten, Flächen zu nutzen (z. B. Erlenmatt, Dreispitz, Gemeinde Riehen, auf kantonseigenen Grundstücken in Allschwil). Dazu kommt, dass in Basel-Stadt die Regelung für das Gewerbe grosszügig ist, indem Wohnzonen je nach Lage Anteile an Arbeitsnutzung aufweisen dürfen. Auf Vorzugsgebiete für das Gewerbe muss der Kanton aufgrund des eingeschränkten Flächenangebotes verzichten. Gewerbliche Nutzungen, in Abstimmung mit anderen Nutzungen, sind gemäss Richtplan insbesondere im Bereich „Schwerpunkte Mischgebiet“ und in ausgewählten wirtschaftlichen Schwerpunktgebieten erwünscht.
Einkaufszentren, Fachmärkte, Freizeiteinrichtungen (verkehrsintensive Einrichtungen)
Eine umfassende Überarbeitung des von allen Seiten und höchst kontrovers kritisierten Objektblattes wurde notwendig. Der Bund hat hierzu Vorschläge gemacht. Auf der Grundlage von umfassenden Standortkriterien (Ausschluss reiner Wohngebiete, ÖV-Einzugsgebiet, Nähe zu Autobahn, Ausschluss von Störfallrisiken) werden jetzt zwei mögliche neue Standorte für Einkaufszentren, Fachmärkte, Freizeiteinrichtungen im Gebiet Bahnhof St. Johann und im Gebiet Badischer Bahnhof vorgeschlagen.
Natur- und Landschaftsschutz
Mit Festsetzungen für die Bereiche des Natur- und Landschaftsschutzes räumt der Regierungsrat im Mitwirkungsverfahren fälschlicherweise entstandene Zweifel über die Ernsthaftigkeit der Vorgaben aus. Auch der Bund hatte den Kanton gebeten, die „Zwischenergebnisse“ so weit möglich in „Festsetzungen“ höherzustufen. Der bis anhin bestehende Konflikt „Naturschutz – bauliche Entwicklung“ beim Reservoir IWB Bruderholz wird zugunsten einer angestrebten Wohnnutzung durch Entfernen der Signatur „Vorranggebiet für Naturförderung“ im Naturschutzkonzept gelöst. Bei einer allfälligen Neubebauung in diesem Gebiet sind aber alle Massnahmen zu ergreifen, die mit vertretbarem Aufwand den Naturzusammenhang wahren und fördern.
„Wieseinitiative“ – Landschaftspark Wiese
Im Zusammenhang mit der Umsetzung der unformulierten Initiative "Zum Schutz der Naturgebiete entlang des Flusslaufs der Wiese als Lebensraum wildlebender Pflanzen und Tiere sowie als Naherholungsraum" bat der Grosse Rat den Regierungsrat, den "Landschaftsrichtplan Landschaftspark Wiese" integral, mit den Entwicklungsabsichten, im kantonalen Richtplan festzusetzen. Obschon eine integrale Übernahme der aus Sicht eines kantonalen Richtplans wesentlichen Inhalte des seit 2001 behördenverbindlichen Teilrichtplans „Landschaftspark Wiese“ bereits Tatsache war, werden im Richtplan die Schutzanliegen in diesem Gebiet in ihrer Entwicklungsrichtung jetzt deutlicher herausgehoben (Vermerk in der Strategie und im Objektblatt).
Nationalstrassen
Auf die Fortschreibung des bereits im Richtplan von 1986 genannten Vorhabens „Zubringer Allschwil“ verzichtet der Regierungsrat. Dafür soll gemeinsam mit den Nachbarn ein integrales Verkehrskonzept im Raum Basel West / Allschwil / Bourgfelden / Hégenheim erarbeitet werden, das die Verkehrspotenziale und Entlastungsmassnahmen im Zusammenhang mit der Entwicklung des Siedlungsgebietes aufzeigt; eine zu prüfende Massnahme wäre dabei der Zubringer Allschwil bzw. die Südumfahrung.
Zusammenarbeit mit dem Kanton Basel-Landschaft
Grundsätzlich ist die Übereinstimmung der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft betreffend räumliche Entwicklung gross. Der Kanton Basel-Landschaft stellte u. a. befriedigt fest, dass im Bereich Gesundheit die enge Zusammenarbeit explizit hervorgehoben sei, er kritisierte aber, dass sich im Bereich Bildung keine verbindlichen Aussagen über die Zusammenarbeit finden liessen. Eine analoge Kritik wurde auch zum Thema Entsorgung (Abfall) geäussert. In den kritisierten Bereichen wurden die Akzente neu gesetzt.