Regierungsrat verabschiedet Totalrevision des Gerichtsorganisationsgesetzes
MedienmitteilungRegierungsrat
Der Regierungsrat hat die Vorlage des totalrevidierten Gesetzes betreffend Wahl und Organisation der Gerichte sowie der Arbeitsverhältnisse des Gerichtspersonals und der Staatsanwaltschaft (Gerichtsorganisationsgesetz, GOG) an den Grossen Rat weitergeleitet. Das aktuelle GOG stammt aus dem vorletzten Jahrhundert und ist nach zahlreichen Teilrevisionen unübersichtlich und veraltet. Die Totalrevision des GOG bereinigt aber nicht nur dessen Struktur und verbessert damit die Lesbarkeit dieses zentralen «Handwerksinstruments» der Basler Gerichte, sondern bringt auch in inhaltlicher Hinsicht zahlreiche Anpassungen an eine zeitgemässe Gerichtsorganisation. Gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf unterscheidet sich der definitive Vorschlag nur in Detailpunkten.
Im Grundsatz knüpft das neue GOG vielfach an bewährten kantonalen Rechtstraditionen an und entwickelt damit die Grundlage der anerkanntermassen hohen Qualität der baselstädtischen Rechtsprechung substanziell weiter. Eine funktionierende Judikative stellt letztlich nicht nur einen Grundpfeiler moderner Staatlichkeit, sondern auch einen wichtigen Standortfaktor sowohl für die Bevölkerung als auch für die Wirtschaft dar.
Die neue Kantonsverfassung von 2005 verlangt eine unabhängige Justizverwaltung. Entsprechend werden mit dem neuen GOG die Kompetenzen der Gerichte in betrieblichen Belangen gestärkt und hierfür ein neuer Gerichtsrat geschaffen. Auch wird im neuen GOG die Motion Heer umgesetzt, welche die Wahl der Richterinnen und Richter neu nicht mehr durch das Volk, sondern den Grossen Rat sowie die Aufhebung der Unterscheidung in ordentliche Richterinnen und Richter sowie Ersatzrichterinnen und Ersatzrichter mit sich bringt. In der Folge muss auch die Kantonsverfassung angepasst werden. Auf die Einführung eines Handelsgerichtes wird verzichtet.
Nach aktueller wie neuer Fassung organisiert das GOG neben der Judikative auch die der Exekutive zugehörige Staatsanwaltschaft. Obwohl im konkreten Fall einer Strafverfolgung unabhängig, untersteht die Staatsanwaltschaft weiterhin dem Regierungsrat und bleibt dem zuständigen Justiz- und Sicherheitsdepartement administrativ angegliedert. Damit erfahren die Grundsätze zur Organisation und zur Aufsicht der Staatsanwaltschaft keine Änderungen. Der vorliegende Gesetzesentwurf präzisiert aber die entsprechenden Bestimmungen und schafft im Einzelnen neue Instrumente, welche die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft sowie die Wahrnehmung der Aufsicht durch den Regierungsrat gleichermassen stärken.
Mit der Ausarbeitung des Entwurfs des neuen GOG hat das Justiz- und Sicherheitsdepartement 2011 Prof. Dr. Thomas Sutter-Somm, Ordinarius für Zivilrecht und Zivilprozessrecht an der Universität Basel, beauftragt. Zur Weiterentwicklung und Anpassung des Expertenentwurfs wurden die Gerichte und die Staatsanwaltschaft beigezogen. Das Präsidialdepartement betreute den Teil Justizverwaltung federführend.
Im Februar 2014 verabschiedete der Regierungsrat den Ratschlagsentwurf zur öffentlichen Vernehmlassung. Bis Mitte April gingen knapp 30 Stellungnahmen ein. Das neue GOG wurde dabei im Grundsatz praktisch ausnahmslos begrüsst. Der definitive Ratschlag sieht gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf denn auch nur wenige Änderungen vor. Neben weiteren kleineren Anpassungen werden unter anderem die Statthalterinnen und Statthalter in Gerichtspräsidentinnen und Gerichtspräsidenten umbenannt sowie der erwähnte Gerichtsrat etwas anders zusammengesetzt.
Der Regierungsrat geht davon aus, dass die ersten Gerichtswahlen nach neuem Recht – nicht zuletzt wegen der im Herbst 2015 stattfindenden nationalen Wahlen – nicht vor 2016 durchgeführt werden können. Die aktuelle Amtsperiode würde sich damit um sechs Monate verlängern und das neue Gesetz per 1. Juli 2016 vollumfänglich wirksam werden.