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Finanzkontrollbericht zu den Nebeneinkünften der ehemaligen Regierungsratsmitglieder

Medienmitteilung

Regierungsrat

Nach der Präsentation des Finanzkontrollberichts zur Abrechnung der Nebeneinkünfte der amtierenden Regierungsmitglieder im Juli 2014 hat der Regierungsrat heute den noch ausstehenden Bericht über die Abrechnung der Nebeneinkünfte der sechs ehemaligen Regierungsratsmitglieder präsentiert, die zwischen Januar 2004 und Dezember 2013 im Amt waren. Bei zwei ehemaligen Regierungsmitgliedern finden sich keine Differenzen in den Deklarationen der Nebeneinkünfte. Bei den vier weiteren ehemaligen Regierungsratsmitgliedern werden im Bericht Differenzen festgestellt, die unterschiedlichen Ursprungs sind. Die ehemaligen Regierungsratsmitglieder haben erklärt, dem Kanton die im Bericht festgestellten Differenzbeträge zu erstatten, ohne Anerkennung von Rechtsansprüchen des Kantons und ungeachtet ihrer möglichen Verjährung.

Im Januar 2014 hatte der damalige Regierungsrat Carlo Conti die Öffentlichkeit darüber informiert, dass er Einkünfte nicht deklariert oder falsch verbucht hatte. In der Folge hatte der Regierungsrat der Finanzkontrolle den Auftrag erteilt, die korrekte und vollständige Deklaration der Nebeneinkünfte aller amtierenden oder inzwischen ehemaligen Regierungsmitglieder im Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2013 zu überprüfen. Aufgrund des Arbeitsaufwandes wurde der Auftrag zweigeteilt. In einem ersten Schritt ist am 9. Juli 2014 der Bericht über die damals amtierenden Regierungsmitglieder veröffentlicht worden (siehe: www.medien.bs.ch/news/2014-07-09-mm-60384.html). In einem zweiten Schritt wird heute der Bericht über die ehemaligen Regierungsmitglieder vorgelegt, d.h. über diejenigen, die im Juli 2014 nicht mehr im Amt waren.

Die heute präsentierte Untersuchung der Finanzkontrolle betrifft sechs ehemalige Regierungsratsmitglieder, die in der Untersuchungsperiode zwischen Januar 2004 und Dezember 2013 im Amt waren.

Die Nebeneinkünfte der ehemaligen Regierungsräte Hans Martin Tschudi (Amtszeit: 1994-2005) und Hanspeter Gass (2006-2013) erreichten im geprüften Zeitraum die jährliche Freigrenze von 20'000 Franken bis auf eine Ausnahme nicht. Nur im Jahr 2012 überstiegen die Nebeneinkünfte von Hanspeter Gass die Freigrenze, die diesbezügliche Abrechnung war korrekt.

Bei Ulrich Vischer (1992-2005) waren die Nebeneinkünfte im Jahr 2004 gegenüber den Angaben der angefragten Organisationen mit einem tieferen Betrag über die Lohnbuchhaltung des Kantons abgerechnet worden. Abzüglich des Freibetrags von 5 Prozent ergibt der zu wenig abgerechnete Betrag 33'375 Franken. Der Grund für die Differenz ist nicht zu eruieren. Die Selbstdeklaration Ulrich Vischers ist weder bei ihm noch – trotz 10-jähriger Aufbewahrungsfrist – im Dossier des Zentralen Personaldienstes vorhanden. Es kann heute darum nicht mehr nachvollzogen werden, wo der Fehler passiert ist, der zur Differenz der Angabe der Institutionen und der Lohnabrechnung geführt hat. Deshalb ist nicht belegt, dass Ulrich Vischer seine Nebeneinkünfte nicht vollständig deklariert hat. Er selbst ist überzeugt, gegenüber dem Arbeitgeber immer alles korrekt deklariert zu haben.

Bei den ehemaligen Regierungsmitgliedern Barbara Schneider (1997-2009) und Ralph Lewin (1997-2009) ergaben sich im untersuchten Zeitraum Differenzen in der Höhe von insgesamt 3‘871 (Schneider) bzw. 19'675 (Lewin) Franken. Barbara Schneider und Ralph Lewin gingen bei ihren im Übrigen vollständigen Deklarationen davon aus, dass das Nettoeinkommen für die Selbstdeklaration massgeblich sei, und haben ihre Angaben entsprechend verfasst. Grundsätzlich betrachtete der Zentrale Personaldienst hingegen das Bruttoeinkommen als massgebliche Grösse für seine Berechnungen, ging hier in der Praxis aber nicht immer konsequent vor, wie schon an der Pressekonferenz vom 9. Juli 2014 ausgeführt wurde. Seit 2010 sind diese Mängel beim Zentralen Personaldienst behoben. Zusätzlich zu diesen Mängeln im Vollzug bis 2010 ist der Regierungsrat der Ansicht, dass die Gesetzesgrundlagen in guten Treuen auf beide Arten ausgelegt werden konnten. Diese Unsicherheit wurde bereits im Jahre 2010 durch die Anpassung der Richtlinie betreffend Nebeneinkünfte (§ 20 Lohngesetz) behoben.

Bei Jörg Schild (1992-2006) fehlten im Jahr 2004 zwei Deklarationen im Gesamtbetrag von 1‘300 Franken. In einem Fall erhielt er keinen Lohnausweis, im anderen wurde ihm der Lohn vom Kanton gutgeschrieben. Im Jahr 2005 gab es Differenzen aus der Abrechnung der Netto- anstatt der Bruttobeträge. Im Jahr 2004 wurden vom Zentralen Personaldienst korrekt die Bruttobeträge – Brutto- und Nettobeträge wurden in der Deklaration einander gegenübergestellt –, im Jahr 2005 fälschlicherweise die Nettobeträge abgerechnet. So entstand im Jahr 2005 eine Differenz von 2'731 Franken. Abzüglich des Freibetrags beträgt der über die erwähnten zwei Jahre zu wenig abgerechnete Betrag bei Jörg Schild insgesamt 3‘829 Franken.

Empfehlungen und Massnahmen
Die Netto-/Brutto-Problematik wurde bereits beim ersten Finanzkontrollbericht im Juli 2014 aufgegriffen. Der Regierungsrat hatte schon damals darauf hingewiesen, dass der Zentrale Personaldienst im Jahr 2010 Massnahmen ergriffen hatte, um diese Probleme zu beheben und seither konsequent mit den Bruttobeträgen rechnet. In der Folge dieser Untersuchung wurde zudem auf den 1. Januar 2015 das ganze System umgestellt: Die Abgeltungen für Nebeneinkünfte fliessen direkt an den Kanton und der Zentrale Personaldienst berechnet den Betrag, der den jeweiligen Regierungsmitgliedern zusteht. Damit entfällt das je nach Höhe der Nebeneinkünfte komplizierte System der Selbstdeklaration und Rückerstattung. Im neuen Finanzkontrollbericht gibt es diesbezüglich keine neuen Empfehlungen.

Die ehemaligen Regierungsmitglieder haben im Finanzkontrollbericht gegen Feststellungen der Finanzkontrolle Einwände vorgebracht – v.a. zur Verjährung, zur Netto-/Brutto-Abrechnung und zur Nicht-Deklaration von Nebeneinkünften. Als Auftraggeber ist der Regierungsrat nicht für den Inhalt, aber für die Publikation des Finanzkontrollberichts verantwortlich. Deshalb beauftragte er im Mai 2015 Lorenz Meyer, ehemaliger Präsident des Bundesgerichts, damit, verschiedenen Fragen rund um das Verfahren zur Erstellung und Veröffentlichung des Finanzkontrollberichts zu klären. Dessen Gutachten kommt zusammenfassend zu Schluss, dass der Auftrag des Regierungsrates, die Nebeneinkünfte sämtlicher amtierenden und ehemaligen Regierungsmitglieder überprüfen zu lassen, weder in inhaltlicher noch in zeitlicher noch in persönlicher Hinsicht zu beanstanden sei. Das öffentliche Interesse an einer Bekanntmachung sei in diesem Fall zudem derart gross, dass es die privaten Interessen an einer Geheimhaltung deutlich überwiege. Allerdings empfiehlt der Gutachter auch, den Standpunkten der geprüften ehemaligen Regierungsratsmitglieder kommunikativ in angemessener Weise Rechnung zu tragen.

Der Regierungsrat hat den ehemaligen Regierungsratsmitgliedern den Finanzkontrollbericht vorgelegt und ihre Einwände und Standpunkte angehört. Bei diesem Gespräch haben die ehemaligen Regierungsmitglieder erklärt, dem Kanton die im Bericht festgestellten Differenzbeträge zu erstatten, ohne Anerkennung von Rechtsansprüchen des Kantons und ungeachtet ihrer möglichen Verjährung.

Hintergrund
Die Grundlage für die Pflicht zur Ablieferung von Nebeneinkünften findet sich in § 20 des kantonalen Lohngesetzes: Wirken Mitarbeitende des Kantons bei Organisationen mit, an denen der Kanton beteiligt oder interessiert ist, haben sie die ihnen zukommenden Vergütungen an den Staat abzuliefern, soweit diese den Betrag von 20‘000 Franken pro Jahr übersteigen. Bei Nebeneinkünften über 20‘000 Franken pro Jahr verbleibt den betreffenden Mitarbeitenden ein Freibetrag von 5 Prozent der den Betrag von 20‘000 Franken übersteigenden Nebeneinkünfte.

Weitere Auskünfte

Guy Morin, Tel. +41 61 267 80 47 Regierungspräsident