Das Baudepartement sucht den Interessenausgleich zwischen einer lebendigen Gastronomie und dem Ruhebedürfnis von Anwohnenden
MedienmitteilungBau- und Verkehrsdepartement
Das Baudepartement hat den zuständigen Behörden grünes Licht zur Anwendung von zwei Instrumenten gegeben die den Interessenausgleich zwischen einer lebendigen Gastronomie und dem berechtigten Ruhebedürfnis der Anwohnenden Rechnung trägt. Die Instrumente berücksichtigen das Interesse der Stadt an Gebieten mit einem attraktiven Unterhaltungsangebot und an hochwertigem Wohnraum. Sie führen deshalb zu massgeschneiderten zulässigen Öffnungszeiten für Restaurants und Bewirtungen im Freien.
- Instrumentarium für die Beurteilung von Sekundärlärm
Das Baudepartement gibt grünes Licht für die Anwendung eines von der Fachhochschule Zentralschweiz in enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Umwelt und Energie erarbeiteten Instrumentes zur Beurteilung von so genanntem Sekundärlärm. Das Instrument besteht aus einem Plan des zulässigen Störgrades in einem bestimmten Gebiet und einem Beurteilungsformular zur Ermittlung des vorhandenen Störgrades. Das Bewilligungsverfahren für neue Gastgewerbebetriebe und für verlängerte Öffnungszeiten soll damit schneller und transparenter werden und dem Vorwurf von "Behördenwillkür" begegnen.
Das Amt für Umwelt und Energie (AUE) beurteilt in Zukunft Gesuche für neue Restaurants und Veranstaltungsräume, für verlängerte Öffnungszeiten oder bei Reklamationen der Anwohnenden wegen Gästen, die sich lautstark vor Lokalen unterhalten, Rufen und Lachen, Autotüren schletzen, Kavalierstarts und Suchverkehr erzeugen (so genannte Sekundärlärmimmissionen) mit Hilfe eines eigens dafür entwickelten Instrumentariums. Das Instrument dient den Behörden dazu festzustellen, ob der zu erwartende Sekundärlärm des Gastgewerbebetriebes - Restaurant, Diskothek, Eventhalle usw. - mit den gewünschten Öffnungszeiten und am gewünschten Standort für die Anwohnenden akzeptabel ist.
Für Sekundärlärm gibt es keine Grenzwerte. Die Behörden können deshalb das Verhalten der Gäste nicht einfach messen oder prognostizieren und mit einem zulässigen Mass vergleichen. Die korrekte Anwendung des Umweltschutzgesetzes verlangt aber in diesem Falle von den Behörden, dass sie auch die Sekundärlärmimmissionen nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung soweit begrenzen, dass die Bevölkerung nicht erheblich gestört wird. Mit dem nun eingeführten Instrumentarium wollen die Behörden diese Aufgabe erfüllen.
Das Instrument besteht aus zwei Teilen: einem Plan der zulässigen Störgrade, wobei die Lärmempfindlichkeitsstufe, der Wohnanteil, die Erreichbarkeit des öffentlichen Verkehrs und der Parkplatzangebote die Höhe des zulässigen Störgrades bestimmen. Die Projektverantwortlichen berücksichtigten aber auch die bereits vorhandene Lärmbelastung, die Konformität mit der Stadtplanung und Stadtentwicklung sowie die bisherigen Gerichtsentscheide. Der zweite Teil des Instrumentes besteht aus einem Beurteilungsformular, das aufgrund der zu erwartenden Zielgruppe, der Besucherzahl und der vorgesehenen Öffnungszeiten sowie weiteren Betriebsdaten den vorhanden Störgrad berechnet.
Die Fachhochschule Zentralschweiz in Luzern entwickelte das Instrument im Auftrag und in enger Zusammenarbeit mit dem AUE. Eine verwaltungsinterne Kommission kalibrierte das Instrument an einem Pilotperimeter im unteren Kleinbasel. Bei der Festlegung der zulässigen Störgrade hielten sich die Projektverantwortlichen an die folgenden Thesen: Die Stadt hat ein Interesse an Gebieten mit attraktivem Unterhaltungsangebot, aber auch an hochwertigem Wohnraum. Die sich überschneidenden Ansprüche bedingen eine Interessenabwägung. Es braucht den gesellschaftlichen Konsens, was wünschbar ist und was nicht. Staatliches Handeln muss sich entweder über eindeutige rechtliche Grundlagen oder aber durch eine breite Abstützung bei der Festlegung des "Massstabes" legitimieren. Das Instrument trägt diesen Thesen Rechnung. Es objektiviert das Bewilligungsverfahren, macht Behördenentscheide transparent und verringert den Aufwand für die Gesuchsbearbeitung. Es ist dynamisch; sich ändernde Gegebenheiten können rasch einfliessen. Das Ermessen der Bewilligungsbehörden kommt nur in engen Grenzen zur Anwendung.
Das AUE wendet nun das Instrument auf die ganze Stadt an und berücksichtigt dabei die bisher gemachten Erfahrungen im Pilotperimeter und anhand der Bearbeitung der Mustergesuche in der übrigen Stadt.
- Regelung der Öffnungszeiten für Bewirtung im Freien in der Innenstadt
Das Baudepartement regelt die Öffnungszeiten für die Bewirtung im Freien in der Innenstadt. Es hat dabei durch eine differenzierte Einteilung Gebiete mit den schweizweit liberalsten Öffnungszeiten geschaffen und damit der zunehmenden "Mediteranisierung" der Lebensgewohnheiten Rechnung getragen. Andererseits hat es Gebiete ausgeschieden, in denen es dem Ruhebedürfnis der Bewohner und Bewohnerinnen Priorität einräumt.
Das Baudepartement hat eine Regelung für die Öffnungszeiten von Boulevardrestaurants, Terrassen- und Gartenwirtschaften (Bewirtung im Freien) in der Innenstadt getroffen. Die Innenstadt wird in vier Gebiete eingeteilt. In den mit einer unterschiedlichen Anzahl Sternen bezeichneten Gebieten gelten unterschiedliche Öffnungszeiten: • Im 5 Sterne-Gebiet (Heuwaage, Steinenvorstadt, Steinentorstrasse, Barfüsserplatz) mit der liberalsten Regelung ist die Bewirtung im Freien werktags von 05:00 bis 01:00 Uhr, am Wochenende bis 02:00 Uhr erlaubt. • Im 4 Sterne-Gebiet (Aeschenvorstadt. Freie Strasse, Fussgänger-Ypsilon, Schneider- und Münzgasse, Blumenrain, Teile der Rheinufer, Greifengasse, Clarastrasse, Untere Rebgasse, Kasernenareal, Teile des Riehenrings, Wettsteinplatz) ist die Bewirtung im Freien werktags von 06:00 bis 24:00 Uhr, am Wochenende bis 01:00 Uhr erlaubt. • In den übrigen Gebieten der Lärmempfindlichkeitsstufe (ES) III, dem so genannten 3 Sterne-Gebiet, ist die Bewirtung werktags von 07:00 bis 23:00 Uhr, an Wochenenden bis 24:00 Uhr möglich. • In den 2 Sterne-Gebieten der ES II darf die Bewirtung von 07:00 bis 22:00 Uhr bzw. 23:00 Uhr dauern.
Die Regelungen im 5- und 4 Sterne-Gebiet zählen zu den liberalsten in der ganzen Schweiz und dem angrenzenden Ausland. Sie trägt dem Bedürfnis einer breiten Besucherschicht der Innenstadt nach Unterhaltung und der "Mediteranisierung" der Lebensgewohnheiten eines meist jüngeren Publikums Rechnung. In diesen Gebieten führt die zuständige Bewilligungsbehörde keine Einzelfallprüfung der Gesuche um Bewirtung im Freien durch. In den 3- und 2 Sterne-Gebieten kann die Behörde in besonderen Situationen aufgrund einer Einzelfallprüfung von der Regelung abweichen. Sie kann die Öffnungszeiten mehr ausdehnen oder an speziell sensiblen Orten wie zum Beispiel in einem engen Hinterhof mit hohem Wohnanteil eher einschränken.
Anlass zum Erlass dieser behördenverbindlichen Regelung gaben dem Baudepartement einerseits die teilweise massiven Anwohnerbeschwerden aus Gebieten der Innerstadt und andererseits die heftigen Reaktionen der Gastronomiebranche im Zusammenhang mit Einschränkungen der Öffnungszeiten für Boulevardwirtschaften in der Steinenvorstadt im vergangenen Jahr. Das Baudepartement hat mit der klaren Regelung eine Interessenabwägung zwischen dem legitimen Bedürfnis der Innenstadtbesucher an attraktiven Unterhaltungsangeboten und dem Ruhebedürfnis der Bewohner vorgenommen. Bei der Interessabwägung berücksichtigte das Baudepartement auch die Regelungen anderer Städte und die Ergebnisse verschiedener Gerichtsentscheide.
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