Bildungsraum Nordwestschweiz: Externe Fachleute nehmen Stellung
MedienmitteilungErziehungsdepartement
Gemeinsame Medienmitteilung der Kantone Aargau Basel-Landschaft Basel-Stadt und Solothurn -- Die Bildungsdirektoren der Kantone Aargau Basel-Landschaft Basel-Stadt und Solothurn haben externe Fachleute eingeladen den vorgesehenen Staatsvertrag Bildungsraum Nordwestschweiz zu beurteilen. Die Stellungnahmen zeigen dass das vorgesehene Programm inhaltlich überzeugend und sorgfältig ausgearbeitet ist weisen aber auch auf Entwicklungsbedarf bezüglich der Umsetzung hin. Die Bildungsdirektoren nehmen diese Hinweise für die weitere Ausarbeitung auf.
Die Bildungsdirektoren der vier Kantone sind dabei, im Auftrag ihrer Regierungen einen Staatsvertrag über die Schaffung eines Bildungsraums Nordwestschweiz zu erarbeiten. Der Staatsvertrags sieht eine gemeinsame Umsetzung der nationalen Harmonisierungsvorgaben, eine weitergehende vierkantonale Qualitätsentwicklung und eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Zusammenarbeit vor. Zu einem ersten Entwurf haben die Bildungsdirektoren die Stellungnahmen von externen Fachleuten eingeholt. Diese haben das Programm aus staatsrechtlicher, pädagogischer, volkswirtschaftlicher und interkantonaler Perspektive beurteilt und für grundsätzlich gut befunden. Die Stellungnahmen sind als Orientierungshilfe für die Interparlamentarische Kommission gedacht, die zur Zeit eine Vorberatung des Entwurfs für den Staatsvertrag vornimmt.
Staatsrechtliche Perspektive
Prof. Peter Hänni, designierter Direktor des Instituts für Föderalismus der Universität Fribourg, kommt zum Schluss, "dass die Verantwortlichen des Bildungsraums Nordwestschweiz neue Wege zu gehen bereit sind." Er beurteilt "die Vorschläge in allen Teilen für zukunftsweisend und ausgewogen, namentlich mit Blick auf die Sicherstellung eines angemessenen Einflusses der kantonalen Parlamente an der Gestaltung der Bildungspolitik im Bildungsraum Nordwestschweiz."
Pädagogische Perspektiven
Margrit Stamm, Professorin für Erziehungswissenschaften an der Universität Fribourg, wertet das Programm Bildungsraum als sorgfältige Vorlage, "die im Wesentlichen den aktuellen empirischen und theoretischen Erkenntnissen entspricht und eine gute Grundlage für eine bildungs- und gesellschaftspolitische Diskussion darstellt". Sie würdigt besonders, dass erstmals in der Schweiz ein vierkantonales, umfassendes Entwicklungsprogramm vorliegt. Kritisch beurteilt Margrit Stamm, dass in der Analyse stark von einer defizitorientierten Perspektive ausgegangen würde. Zwischen dem für den Bildungsraum postulierten Ziel der individuellen Förderung aller Schülerinnen und Schüler und einer verstärkten Einführung von Instrumenten des Leistungsvergleichs bestehe ein noch ungelöstes Spannungsfeld. Generell wirkten die Konzepte im Programm Bildungsraum plakativ, weil konkrete Umsetzungsprogramme noch fehlten. Dies gelte insbesondere für das Thema Integration, aber auch für die Frage der Qualifizierung der Lehrpersonen.
Helmut Fend, emeritierter Professor für Pädagogik an der Universität Zürich, bescheinigt dem Programm Bildungsraum "eine hohe bildungspolitische und pädagogische Qualität". Die Kernthemen würden den hohen Aufwand rechtfertigen. Zu begrüssen seien besonders die Massnahmen für einen guten Schulstart, für ein Abschlusszertifikat und die Orientierung an Leistungszielen auf der Basis von HarmoS. Er empfiehlt für den Schuleingangsbereich vorerst mit einer zweijährigen Eingangsstufe zu fahren. Die fehlende Harmonisierung der Binnenstruktur der Sekundarstufe I hält er für den grössten Schwachpunkt. Er empfiehlt als Vereinfachung eine Lösung mit zwei Bildungsgängen und eine verbindliche Regelung der Durchlässigkeit. Zwingend sei, die nötigen Voraussetzungen bezüglich Qualifizierung und Ressourcen für die - von ihm als richtig beurteilte - Integrationsstrategie zu schaffen.
Volkswirtschaftliche Perspektive
Dr. Christoph Koellreuter, Direktor der Plattform "metrobasel", hat das Programm Bildungsraum aus volkswirtschaftlicher Sicht betrachtet. Als positiv beurteilt er die vorgesehene sprachliche Frühförderung und die individualisierte Art der Einschulung in der Basisstufe, die stärkere Orientierung an Leistungsanforderungen sowie den Abbau von Mobilitätshindernissen und die Ausschöpfung von Grössenvorteilen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht fordert er eine weitergehende Frühförderung der Kinder sowie mehr Wettbewerb und Freizügigkeit innerhalb des Bildungssystems. Angesichts der starken internationalen Ausrichtung der Region auf Life Sciences und die Investitionsgüterindustrie müsse die Nachwuchsförderung in Naturwissenschaften und Ingenieurwesen, aber auch die Förderung der Fremdsprachen verstärkt werden. Schliesslich sollten die vier Kantone ihre erfolgreiche Zusammenarbeit auch auf die Universität ausweiten, sei doch die Exzellenz der Forschung für die Weiterentwicklung der Region zentral.
Einbettung in die gesamtschweizerische Koordination
Hans Ambühl, Generalsekretär der Erziehungsdirektorenkonferenz EDK, würdigt die Zusammenarbeit in der Nordwestschweiz als "gesamtschweizerisch sehr bedeutsam" und in Einklang mit den Grundsätzen der nationalen Harmonisierungsvorgaben. Als "besonders geglückt" bezeichnet er das vorgesehene parlamentarische Controlling. In einigen Punkten, wie etwa in der Entwicklung von Leistungstests, stellt er nationale Lösungen in Aussicht.
Bildungsdirektoren nehmen Kritik auf
Die Bildungsdirektoren der Nordwestschweiz nehmen erfreut zur Kenntnis, dass das im Entwurf vorliegende Programm für den Bildungsraum von allen Fachleuten als durchdacht, den neusten fachlichen Erkenntnissen entsprechend und für die Schweiz wegweisend beurteilt wird. Wichtige Kritikpunkte sollen für die weitere Ausarbeitung und für die Planung der Umsetzung aufgenommen werden. Dies betrifft insbesondere
- die sorgfältige Einführung von Leistungstests, Anforderungsprofilen und Standards im Rahmen der nationalen Koordination, und zwar so, dass das Ziel der individuellen Förderung gewährleistet werden kann;
- die Klärung der nötigen Voraussetzungen und Ressourcen für das Gelingen der Integration;
- Massnahmen zur Förderung der Durchlässigkeit auf der Sekundarstufe I;
- die Weiterbildung der Lehrpersonen;
- die Nachwuchsförderung im Bereich Naturwissenschaft und Technik.
Die Themen Forschungsförderung und Trägerschaft der Universität dagegen können nicht in diese Vorlage integriert werden, ohne sie zu überladen.
Als nächsten Schritt soll nun die Interparlamentarische Kommission zum vorliegenden Entwurf Stellung nehmen. Aufgrund dieser Stellungnahme erarbeiten die Bildungsdirektoren zuhanden der Regierungen einen Vernehmlassungsentwurf. Die Vernehmlassung soll voraussichtlich Mitte Dezember 2008 starten können.
Hinweise
Die ausführlichen Stellungnahmen sind auf der Internetseite zum Bildungsraum Nordwestschweiz veröffentlicht: www.bildungsraum-nw.ch
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