Massnahmen für ein ausgeglicheneres Verhältnis von gymnasialer Maturität und Berufsmaturität
MedienmitteilungErziehungsdepartement
Im schweizerischen Vergleich schliessen im Kanton Basel-Stadt überdurchschnittlich viele Schülerinnen und Schüler die Schule mit einer gymnasialen Maturität und unterdurchschnittlich viele mit einer Berufsmaturität ab. Das Erziehungsdepartement plant deswegen kurz- und mittelfristige Massnahmen. In Basel-Stadt soll auch in Zukunft auf eine Quotenregelung via Aufnahmeprüfungen verzichtet werden.
Der Kanton Basel-Stadt liegt hinsichtlich der gesamten Maturitätsquote im schweizerischen Durchschnitt. Er will deshalb die Gesamtquote keinesfalls senken, denn die Wirtschaftsregion Basel braucht eine Vielzahl an sehr gut qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Vielmehr darf die Gesamtquote – allerdings ohne Qualitätseinbusse – noch wachsen. Auffällig ist das Verhältnis von gymnasialer Maturität zur Berufsmaturität (vgl. Zahlen unten). Um dieses Verhältnis zugunsten der Berufsmaturität zu verändern, plant das Erziehungsdepartement folgende kurzfristigen Massnahmen:
- Zusammenarbeit bei den Orientierungsarbeiten: Lehrpersonen der Orientierungsschule (OS) sollen bei den Orientierungsarbeiten in der 2. Klasse noch stärker und enger zusammenarbeiten, um im Kanton eine gewisse Normierung der Ergebnisse zu erreichen. Eine Normierung der Orientierungsarbeiten kann die Entscheide der Zuteilung von der OS in den A-Zug der Weiterbildungsschule (WBS), den E-Zug der WBS und ins Gymnasium im gewünschten Sinne beeinflussen und stabilsiieren.
- Aufwertung der beruflichen Grundbildung mit Berufsmaturität: Die vielfältigen beruflichen und weiterbildenden Möglichkeiten, die mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) und einer Berufsmaturität offen stehen, müssen im Kanton Basel-Stadt noch besser bekannt gemacht werden. Die Berufsausbildung richtet sich ausdrücklich auch an schulisch leistungsfähige junge Menschen. Zusätzliche schriftliche und mündliche Informationen für Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrpersonen der Orientierungsschule sollen das Bewusstsein für die Berufsbildung und insbesondere für die Berufsmaturität verbessern und stärken.
Mittelfristige Massnahmen
Im Rahmen der Schulreform, über die voraussichtlich 2010 entschieden wird, sind folgende Massnahmen geplant:
- Volksschulabschluss für alle: Ein Abschluss am Ende der elfjährigen Volksschule (inkl. Kindergarten) für alle Schülerinnen und Schüler gibt den Jugendlichen die Möglichkeit zu wählen, wie ihre weitere schulische und berufliche Bildung aussehen soll. Die Entscheidung für den Bildungsweg auf der Sekundarstufe II wird für alle am Ende der obligatorischen Schulzeit zum gleichen Zeitpunkt gefällt. Das vierjährige Gymnasium und die drei- bis vierjährige Berufsbildung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis und Berufsmaturität stehen als gleichwertige Wege offen und führen auch zu den Bildungsoptionen auf der Tertiärstufe.
- Kompetenzsteuerung: Die Zuweisung von der Volksschule ins Gymnasium und in die berufliche Grundbildung soll auf der Grundlage von abgestuften Kompetenzmodellen erfolgen, die klar zum Ausdruck bringen, was die Schülerinnen und Schüler können müssen. Die entsprechenden Grundlagen werden mit dem Lehrplan 21 (gemeinsamer Lehrplan für die Volksschulen der deutsch- und mehrsprachigen Kantone; Einführung 2012) und einem überkantonal abgestimmten Volksschulabschluss im Rahmen des Bildungsraums Nordwestschweiz geschaffen. Eine Steuerung der Zuweisungen von der OS in den A-Zug der WBS, den E-Zug der WBS und ins Gymnasium über feste Quoten lehnt das Erziehungsdepartement ab. Eine Quotensteuerung schafft insbesondere für Schülerinnen und Schüler aus bildungsfernen Familien unabhängig von ihren schulischen Kompetenzen Nachteile. Zudem sollen die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler und nicht unabhängig davon festgelegte Quoten über deren Bildungsweg entscheiden.
Übertrittsquoten von der OS in WBS und Gymnasium
Seit der Einführung des A-Zugs der WBS und des E-Zugs der WBS im Schuljahr 2004/2005 werden die Schülerinnen und Schüler der 3. Klasse der OS durch Lehrpersonen aufgrund von Fachleistungen und des Lern-, Arbeits- und Sozialverhaltens in den Pflichtfächern den Anschlussschulen zugeteilt. Mit dieser Massnahme wurde die Struktur der WBS vereinfacht und die Förderung sowohl der leistungsstarken wie auch der leistungsschwachen Schülerinnen und Schüler verbessert. Ausserdem wurde damit auch eine ausgeglichenere Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf die drei Angebote Gymnasium, E-Zug der WBS und A-Zug der WBS angestrebt und erreicht: Die Gymnasialquote fiel von 40.2% im Schuljahr 2003/04 auf 30.6% im Schuljahr 2004/05. In den folgenden Jahren sind die Zuweisungen von der OS ins Gymnasium aber wieder gestiegen und liegen per Schuljahr 2009/10 bei 37.6%. Während die Übertrittsquote von der OS in den E-Zug der WBS im selben Zeitraum nur leicht gesunken ist (von 37.3% 2004/05 auf 35.9% 2009/10), hat die Übertrittsquote von der OS in den A-Zug der WBS deutlich abgenommen (von 28.6% 2004/05 auf 23.5% 2009/10; 2008/09: 26.6%).
Gesamtschweizerische Entwicklung gymnasiale Maturität und Berufsmaturität
Parallel zur höheren Übertrittsquote von der OS ins Gymnasium ist auch die Quote der gymnasialen Maturität (Anteil Personen mit einem gymnasialen Maturitätszeugnis, gemessen an der 19-jährigen ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz) gestiegen (von 21.3% 2004 auf 26.1% 2008). Damit liegt die Quote der gymnasialen Maturität im Kanton-Basel-Stadt über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt (18.6% 2004 gegenüber 19.7% 2008). Der Anstieg der Maturitätsquote ist ein gesamtschweizerischer Trend. Deutlich unter dem gesamtschweizerischen Durchschnitt liegt im Kanton Basel-Stadt die Quote der Berufsmaturität: Diese bewegte sich in Basel-Stadt in den vergangenen Jahren zwischen 4.7% und 7.6%, gesamtschweizerisch bewegte sich diese Quote zwischen 11.4% und 12.2%. Sie steigt in Basel-Stadt nicht an. Die Summe der beiden Maturitätsquoten allerdings, also die Summe von gymnasialer Maturität und Berufsmaturität, bewegt sich in Basel-Stadt seit 2005 im gesamtschweizerischen Durchschnitt (2004: 26.9% BS gegenüber 30.0% CH; 2008: 30.8% BS gegenüber 31.7% CH). Bei einem gesamtschweizerischen Vergleich der gymnasialen Maturitätsquote fallen grosse regionale Unterschiede auf. Neben Genf – 29.3% im Jahr 2008 – weisen auch die Kantone Tessin (29.9%) und Neuenburg (26.7%) überdurchschnittlich hohe Quoten auf, während die Kantone St. Gallen, Glarus, Schaffhausen, Solothurn und Aargau mit Quoten zwischen 13.7 und 14.7% im selben Jahr deutlich unter dem Durchschnitt von 19.7% liegen. Eine differenzierte Betrachtung der gymnasialen Maturitätsquote im Kanton Zürich wiederum zeigt die vergleichsweise hohe Quote im städtischen Kantonsteil. Die geografische Gerechtigkeitsfrage wird in Diskussionen über die Entwicklungen der gymnasialen Maturitätsquote in der Schweiz zunehmend thematisiert. Demgegenüber wurde die Herkunftsgerechtigkeit im Zusammenhang mit der gymnasialen Maturitätsquote in der Schweiz bisher nicht geführt. Im Kanton Basel-Stadt ist die Wahrscheinlichkeit für Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund, eine gymnasiale Maturität zu erlangen, seit Jahren zweieinhalb Mal kleiner als für Schweizerinnen und Schweizer. Allerdings hat der Kanton Basel-Stadt hinter Genf und Waadt in der nachobligatorischen Schulzeit schweizweit den dritthöchsten Anteil ausländischer Gymnasiastinnen und Gymnasiasten.
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