Mehrheit der UVEK stimmt künftigem Verzicht auf Trolleybusse in Basel zu
MedienmitteilungGrosser Rat
Eine Mehrheit der Umwelt- Verkehrs- und Energiekommission (UVEK) empfiehlt dem Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt der vom Regierungsrat vorgeschlagenen mittelfristigen Vereinheitlichung der Busflotte der Basler Verkehrsbetriebe (BVB) auf mit Bio- und Erdgas betriebene Fahrzeuge zuzustimmen. Eine Minderheit der UVEK möchte am System Trolleybus festhalten und unterbreitet einen eigenen Gegenvorschlag zur unformulierten Volksinitiative "Ja zum Trolleybus".
Die BVB verkehren heute neben dem Tram, das rund zwei Drittel ihres Streckennetzes abdeckt, mit drei unterschiedlichen Bustypen: Dieselbusse, Erdgasbusse und Trolleybusse. Die Vielzahl von Antriebssystemen verteuert den Unterhalt (Reservehaltung, Wartung, Ersatzteile etc.) der Fahrzeuge. Der Regierungsrat hat dem Grossen Rat deshalb bereits im Jahr 2003 vorgeschlagen, die Anzahl der Antriebssysteme auf eines zu reduzieren. Die Mehrheit der UVEK war damit im Grundsatz einverstanden, forderte neben der vorgeschlagenen Vereinheitlichung auf Dieselbusse aber die Prüfung anderer – umweltfreundlicherer – Varianten. Der Grosse Rat hat den Ratschlag in der Folge an den Regierungsrat zurückgewiesen. Mit einer unformulierten Volksinitiative forderte das Komitee "Pro Trolleybus" im Sommer 2004 die Aufrechterhaltung des Systems Trolleybus.
Mit seinem dem Grossen Rat im zweiten Halbjahr 2006 zugeleiteten Bericht zur Initiative "Ja zum Trolleybus" und zum Ratschlag und Entwurf im Sinne eines Gegenvorschlages hat der Regierungsrat das ursprüngliche Anliegen des Grossen Rates aufgenommen. Er schlägt vor, die Busflotte nicht auf Dieselbetrieb, sondern auf Erd- und Biogas umzustellen. Entsprechend beantragt er beim Grossen Rat die Gewährung eines Darlehens von höchstens CHF 5 Mio. an die BVB zur Beschaffung von 26 Gasbussen und einen Beitrag von CHF 1,5 Mio. an eine Gasbetankungsanlage. Die heutigen Dieselbusse sollen mittelfristig alle ersetzt werden. Ab sofort verzichten will der Regierungsrat auf den Einsatz von Trolleybussen; deren Infrastruktur soll rückgebaut werden.
Aus rein ökonomischer Sicht wäre heute der Treibstoff Diesel attraktiver als Erd- resp. Biogas. Dank einer Vereinbarung mit der Gaswirtschaft gehen die BVB jedoch kein eigentliches Treibstoff-Preisrisiko ein. Wie die Energiepreise bei einem nächsten Beschaffungsschritt aussehen, ist heute offen.
Die Minderheit der UVEK stellt sich nicht gegen eine Abkehr von Diesel- zu Gasbussen. Es stimmt sie allerdings nachdenklich, dass gleichzeitig mit dem Trolleybus ein System abgeschafft werden soll, das mit der erneuerbaren Energiequelle Strom betrieben werden kann. Ein Rückbau der Trolleybusinfrastruktur wäre aus ihrer Sicht volkswirtschaftlich unsinnig. Sie schlägt deshalb vor, die Trolleybuslinie 31 weiter zu betreiben und mit einer Restelektrifizierung vom Schützengraben bis zum Bahnhof SBB die Linie 30 auf Trolleybusbetrieb umzustellen. Damit wäre das Kernanliegen der Initiative "Ja zum Trolleybus" erfüllt. Statt 26 Gasbusse will die Kommissionsminderheit 13 Trolley- und 13 Gasbusse beschaffen. Sie führt folgende Vorteile des Trolleybusses an: längere Lebensdauer der Fahrzeuge und damit eine mit dem Gasbus vergleichbare Amortisationsdauer, emissionsfreier Betrieb, geringere Lärmbelastung und keine Belastung des Klimas durch Abwärme. Die Kommissionsminderheit weist darauf hin, dass die Weiterführung und der Ausbau des Trolleybussystems in Basel nichts mit Nostalgie zu tun hat. In Zeiten der Autoeuphorie wurde in vielen Städten, z.B. in Mulhouse und Strassburg im Elsass oder in Genf, das Tram abgeschafft. 50 Jahre danach wird das System für teures Geld wieder eingeführt. Der Trolleybus ist das "Tram sur Pneu": leise, effizient und umweltfreundlich. Während andere Städte den Trolleybus modernisieren und ausbauen, soll er in Basel als ergänzendes Verkehrssystem zum Tramnetz abgeschafft werden.
Die Mehrheit der UVEK nimmt mit Befriedigung davon Kenntnis, dass der Regierungsrat im ÖV-Gesetz festschreiben will, dass sich die Emissionsanforderungen an die Fahrzeuge bei der Bestellung von Busleistungen im Ortsverkehr am jeweiligen Stand der Technik orientieren. Sie stellt dem Anliegen, weiterhin Trolleybusse einzusetzen, die folgenden Argumente entgegen:
Mit einer Annahme der Initiative würden die BVB gezwungen, auch in Zukunft – mit entsprechender Kostenfolge insbesondere im Bereich der Infrastruktur – mehrere Bussysteme nebeneinander zu betreiben. Dies wäre betriebswirtschaftlich unsinnig und brächte den Fahrgästen keinen Nutzen.
Eine Reduktion von Lärm- und Abgasemissionen wird am direktesten mit einer Veränderung des Modal Split erreicht. Die verfügbaren Mittel sollen deshalb in den Ausbau des ÖV-Angebots und nicht in teure Infrastrukturen investiert werden.
Trolleybuslinien sind wegen ihrer Abhängigkeit von Fahrleitungen unflexibel. Sie behindern die weitere Optimierung des Liniennetzes, da die Nachbargemeinden von Basel im In- und Ausland auf andere Systeme setzen. Der Trend geht heute in Richtung längerer und damit im Raum Basel zwangsläufig grenzüberschreitender Linien.
Die Umstellung auf Gasbusse ermöglicht es, den erneuerbaren Energieträger Biogas gezielt zu fördern.
Die Kommissionsmehrheit begrüsst, dass der Regierungsrat das ÖV-Netz in enger Koordination und Absprache mit dem Kanton Basel-Landschaft und den südbadischen und elsässischen Nachbargemeinden weiterentwickeln möchte. Deshalb unterstützt sie ihn in seinem Bestreben, künftig auf den Einsatz von Trolleybussen zu verzichten. Sie kommt zum Schluss, dass der Vorschlag des Regierungsrates einen guten Kompromiss darstellt, der ökonomische und ökologische Anliegen unter einen Hut bringt.
Die Stimmberechtigten des Kantons Basel-Stadt werden über die Initiative "Ja zum Trolleybus" zusammen mit dem Vorschlag des Regierungsrats, der im Sinne eines Gegenvorschlags formuliert ist, voraussichtlich im Juni 2007 befinden müssen.
Hinweise
Der ausführliche Bericht der UVEK ist abrufbar unter www.grosserrat.bs.ch/uvek-bericht-trolleybusse.pdf