Zunehmender Prioritätskonflikt zwischen Familie Arbeit und politischer Tätigkeit
MedienmitteilungGrosser Rat
Frühzeitige Rücktritte aus dem Parlament erfolgen primär aus beruflichen Gründen -- Wenn Grossrätinnen und Grossräte frühzeitig zurücktreten so geschieht dies primär aus beruflichen Gründen. Dies zeigt eine vom Ratsbüro in Auftrag gegebene Studie. Die Milizstruktur des Parlaments selbst ist kein zentraler Rücktrittsgrund. Berufliche und familiäre Anforderungen lassen sich aber zunehmend schlechter mit dem Aufwand für den Grossen Rat vereinbaren.
In jüngerer Zeit haben sich die vorzeitigen Rücktritte aus dem Grossen Rat gemehrt. In der zu Ende gehenden Legislatur traten 36 Ratsmitglieder vorzeitig zurück, in der Legislatur 2001-2005 waren es sogar 38 Ratsmitglieder. Um sich über die Gründe – und einen allfälligen Handlungsbedarf – klarer zu werden, gab das Büro des Grossen Rates beim Soziologischen Institut der Universität Basel unter der Leitung von Professor Ueli Mäder eine Studie in Auftrag.
Die Studie ergibt, dass berufliche Veränderungen eindeutig das wichtigste Kriterium für einen frühzeitigen Rücktritt aus dem Grossen Rat darstellen. Als eher wichtige Gründe folgen Wohnortwechsel, familiäre Verpflichtungen, hoher zeitlicher Aufwand, ungenügende Flexibilität am Arbeitsplatz,die frühzeitige Preisgabe des Sitzes, um dem Nachfolger beziehungsweise der Nachfolgerin die Wiederwahl zu erleichtern, und der Lohnausfall. Für eine Reduktion der beruflichen Belastung reiche die finanzielle Entschädigung des Amts nicht aus. Wenig Einfluss auf frühzeitige Rücktritte scheinen strukturelle Veränderungen im Grossen Rat zu haben (beispielsweise Einführung ständiger Kommissionen). Auch eine ungenügende Wertschätzung in der Öffentlichkeit, ungenügende Mitgestaltungsmöglichkeiten und innerparteiliche Schwierigkeiten werden als weniger wichtige Rücktrittsgründe eingestuft.
Die Autoren kommen zum Schluss, dass die wichtigsten Gründe für einen frühzeitigen Rücktritt nicht in der Struktur des Grossen Rates, sondern ausserhalb zu finden sind. Die Anforderungen, welche die Gesellschaft an ihre Mitglieder stelle, liessen sich aber zunehmend schlechter mit dem Aufwand für den Grossen Rat vereinbaren. Im Prioritätskonflikt würden sich die Ratsmitglieder für Beruf und Familie und gegen das Grossratsmandat entscheiden.
Die Studierenden Raphael Anklin, Isabel Käslin, Tobias Graber und Madleina Balmer hatten im Herbst alle Grossratsmitglieder sowie alle während der Legislaturperiode 2005-2009 zurückgetretenen Mitglieder befragt. Die Rücklaufquote der Fragebogen betrug gute 74%. Die Autoren werteten zudem die offiziellen Rücktrittsschreiben aus.
Hinweise
Die Studie ist abrufbar unter
www.grosserrat.bs.ch (Aktuell-Spalte)