Zur Beurteilung gemeingefährlicher Straftäter
MedienmitteilungJustiz- und Sicherheitsdepartement
Die Beurteilung gemeingefährlicher Straftäter stellt die Justiz immer wieder vor grosse Herausforderungen: Können gemeingefährliche Straftäter behandelt werden sodass sie für die Gesellschaft keine Bedrohung mehr darstellen? Ist kriminelles Verhalten überhaupt vorhersagbar und sind somit potenzielle Delikte vermeidbar? Vertreter der Interkantonalen Fachkommission zur Beurteilung der Gemeingefährlichkeit von Straftätern präsentierten eine erste Zwischenbilanz ihrer Erfahrungen.
Seit 1995 werden Dossiers von Straftätern, die eine besondere Gefährlichkeit aufgewiesen haben, von einer hochspezialisierten Interkantonalen Fachkommission geprüft. Die Kommission umfasst die Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Solothurn. Erstmals wird ab kommendem Jahr das Präsidium der Kommission von Basel-Stadt auf den Kanton Basel-Landschaft übertragen. Gleichzeitig werden – wenn das neue Schweizerische Strafgesetzbuch in Kraft tritt – solche Kommissionen für alle Kantone verbindlich.
Die Entstehung der Kommission war die Folge eines Verbrechens vom 30. Oktober 1993. Damals wurde in Zollikerberg bei Zürich eine 20-jährige Frau getötet. Die Ermittlungen ergaben, dass ein einschlägig vorbestrafter Insasse der Strafanstalt Regensdorf die Tat während eines Beziehungsurlaubes verübt hatte. Die Fragen, ob diese Tat hätte vermieden werden können und warum sich der Mann überhaupt in Freiheit befand, beschäftigten damals die Öffentlichkeit ganz besonders.
Prognosen mit Methode, aber ohne Garantie Schutz vor besonders gefährlichen Verbrechern wird vor allem durch deren Einschliessung erzielt. Wie aber kann während des Strafvollzugs erkannt werden, welche Straftäter noch immer gefährlich sind und von welchen keine Gefahr mehr ausgeht? Das zukünftige Verhalten des Straftäters lässt sich lediglich in Form von fundierten Prognosen abschätzen, Garantien gibt es dabei allerdings keine. Die Prognosen basieren auf sämtlichen Informationen, die über den betroffenen Straftäter zur Verfügung stehen. Die Aufgabe der Prognosestellung übernimmt die interdisziplinäre Fachkommission, die mit juristischer, kriminologischer, forensisch-psychiatrischer, psychologischer und soziologischer Methodik die Gefährlichkeit von Straftätern untersucht und den zuständigen Behörden Empfehlungen abgibt.
Seit 1996 hat die Kommission insgesamt 86 Beurteilungen bei 35 Straftätern vorgenommen. In 71 Beurteilungen wurden die Straftäter als gemeingefährlich betrachtet. 15 Straftäter wurden als nicht oder nicht mehr gemeingefährlich angesehen. Weil eine einmal festgestellte Gemeingefährlichkeit nicht eine konstante Grösse darstellt, müssen die Beurteilungen regelmässig oder beim Eintritt bedeutender Veränderungen wiederholt werden.
Der Aufwand ist gross, aber es geht um den Schutz von Leib und Leben Vieler und um das Recht des Straftäters, dass eine Einschliessung von Dauer nur dann stattfindet, wenn eine umfassende Untersuchung ergeben hat, dass die Gefahr weiterer schwerer Straftaten seine Entlassung nicht zulässt.