Die kantonalen Museen packen die Provenienzforschung an
MedienmitteilungPräsidialdepartement
Basel-Stadt ist der erste Kanton, der die Provenienzforschung gesetzlich verankert hat. Mit einer Rahmenausgabenbewilligung von einer Million Franken pro Jahr für die Jahre 2023 bis 2026 unterstützt der Kanton relevante Projekte, um die Herkunft von Sammlungsbeständen in den fünf kantonalen Museen gezielt zu durchleuchten.
Als erster Kanton der Schweiz hat Basel-Stadt seine kantonalen Museen verpflichtet, Provenienzforschung zu betreiben, also die Herkunft ihrer eigenen Sammlungsbestände zu erforschen. So will es das Museumsgesetz. Diese Aufgabe ist oft mit äusserst zeitintensiven Recherchen verknüpft. Um diese bewerkstelligen zu können, haben Regierung und Parlament Mittel gesprochen: Mit einer Rahmenausgabenbewilligung von einer Million Franken pro Jahr unterstützt der Kanton von 2023 bis 2026 wegweisende Forschungsprojekte, damit die kantonalen Museen die Herkunftsgeschichte ihrer Sammlungsbestände aufarbeiten können. Nach einer Ausschreibung der Abteilung Kultur hat das Präsidialdepartement nun wichtige Projekte in diesen fünf Häusern gutgeheissen. Einige von ihnen werden vom Bundesamt für Kultur kofinanziert.
Tiefenforschung im Kunstmuseum Basel
Seit 2019 werden im Kunstmuseum Basel systematisch Handwechsel, die in den Jahren 1933 bis 1945 erfolgt sind, erforscht, um eine allfällige Verstrickung in den Handel mit Raubkunst auszuschliessen. Darauf aufbauend werden aktuell in der Gemäldegalerie des Kunstmuseums Basel Lücken in der Herkunftsgeschichte von Werken, die im Zeitraum von 1933 bis 2022 erworben wurden, einzeln und in die Tiefe erforscht. Für dieses Projekt, das noch bis 2024 läuft, hat der Kanton 60'800 Franken gesprochen.
Zudem steht eine Erschliessung und Digitalisierung der Archivbestände und Korrespondenzen der Direktionsperioden Otto Fischer (1927–1938), Christian Geelhaar (1981–1991) und Katharina Schmidt (1992–2001) an. Dafür hat das Präsidialdepartement 142'300 Franken gesprochen. Die Laufzeit dieses Projekts dauert von 2023 bis 2027.
In einem weiteren Projekt, für das 136'000 Franken bewilligt wurden, erforscht und dokumentiert das Team im Kupferstichkabinett Druckgrafiken mit Eingangsjahr 1943 bis 1945. Das 2023 gestartete Projekt läuft noch bis ins nächste Jahr. Und: Um die Transparenz und den öffentlichen Diskurs der Basler Sammlungsgeschichte zu fördern, plant das Museum von 2024 eine wissenschaftlich fundierte Publikation wesentlicher Falldossiers, wofür 48'700 Franken gesprochen wurden.
Antikenmuseum: Sammlungszugänge zwischen 1990 und 2012 im Fokus
In einem ersten Schritt erforscht das Antikenmuseum Basel die Provenienzen jener Werke, die zwischen 1990 und 2012 in die klassische Abteilung eingegangen sind. Das 2023 gestartete Projekt dauert bis ins nächste Jahr. Es wird seitens des Kantons mit 100'000 Franken mitfinanziert. In einem weiteren Schritt werden nächstes Jahr die Zugänge aus früheren Jahren, konkret zwischen 1970 und 1989, untersucht. Dafür wurden 150'000 Franken bewilligt.
Musikinstrumentensammlung im Historisches Museum
Analog zur laufenden Generalinventur will sich das Historische Museum bis 2025 einen provenienzhistorischen Überblick über die 300'000 Objekte zählende Sammlung verschaffen. Dafür hat das Präsidialdepartement Mittel in der Höhe von 220'000 Franken zur Verfügung gestellt. Weitere 56'000 Franken wurden dem Museum für die Erforschung eines konkreten Bestands zugesprochen: Die zirka 3'500 Objekteinheiten zählende Musikinstrumentensammlung bieten den schweizweit bedeutendsten Querschnitt durch fünf Jahrhunderte europäische Musikgeschichte. Die internationale Provenienzforschung im Bereich der Musikinstrumente steht noch am Anfang. Die proaktive Recherche der Basler Bestände will hier Massstäbe setzen. Dieses Projekt ist auf zwei Jahre angesetzt und läuft bereits.
Naturhistorisches Museum: Menschliche Überreste aus kolonialem Kontext
Das Naturhistorische Museum Basel archiviert mehr als 7'000 menschliche Überreste. Davon stammen fast 1'600 aus Ländern, über die ehemals europäische Kolonialmächte regierten. Dieser Sammlungsteil kam Anfang der 1970er Jahre aus dem ehemaligen Völkerkundemuseum, dem heutigen Museum der Kulturen, in das Haus. Das Naturhistorische Museum hat es sich zum Ziel gesetzt, die Herkunftsgeschichte aller menschlichen Überreste aus kolonialem Kontext aufzuarbeiten. Diese Grundlagen sind essentiell, weil sich das Museum so auf jeweilige Restitutionsanfragen vorbereiten oder aktiv auf Herkunftsgesellschaften zugehen kann. Für das von 2024 bis 2026 laufende Projekt wurden 585'000 Franken gesprochen.
Museum der Kulturen Basel fördert den Dialog mit Herkunftsgemeinschaften
Der Sammlungsbestand des Museums der Kulturen Basel zählt mehr als 340'000 Objekte. Er ist über Generationen gewachsen und geniesst Weltruf. Das Museum erarbeitet sich einen provenienzhistorischen Überblick über die Sammlung. Für dieses von 2023 bis 2026 laufende Projekt wurden 378'000 Franken bewilligt. Ausserdem überprüft es anhand von bereits identifizierten Brennpunkten gezielt seine Sammlungsbestände auf problematische Erwerbungen aus kolonialem Kontext. Dazu zählen Bestände aus Französisch-Polynesien, Sri Lanka, Philippinen, Äthiopien, aus dem ehemaligen Belgisch-Kongo sowie verschiedene Sammlungen aus Südamerika. Das Programm «Brennpunkte» wird mit 402'000 Franken gefördert.
Bei allen diesen Schwerpunkten in der Sammlung des Museums spielt besonders die Förderung des Dialogs und der Zusammenarbeit mit den Herkunftsgemeinschaften eine zentrale Rolle. So auch beim Projekt «Going Home», bei dem es um die im Museum der Kulturen verbliebenen menschlichen Überreste aus kolonialem Kontext geht. Für dieses in Zusammenarbeit mit dem Naturhistorischen Museum erarbeitete Projekt wurden 40'600 Franken bewilligt.
Längerfristig planen
Die Vorteile der vier Jahre laufenden Rahmenausgaben liegen vor allem darin, dass die kantonalen Museen längerfristig planen können. Dies hilft insbesondere hinsichtlich des spezialisierten wissenschaftlichen Personals, das sich der Provenienzforschung widmet. Das Präsidialdepartement hat total 2’319'400 Franken für Projekte gesprochen, die teils bis ins Jahr 2026 reichen. Es hat somit mehr als die Hälfte der vom Parlament bereitgestellten Mittel vergeben.