Krankenkassen-Prämien 2012, neue Spitalfinanzierung und gemeinwirtschaftliche Leistungen
MedienmitteilungDepartement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt
Medienmitteilung des Gesundheitsdepartements und des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt -- Die Krankenkassen-Prämien im Kanton Basel-Stadt werden per Anfang 2012 im Durchschnitt um 3.4% erhöht. Nach Steigerungen von 7% und 7.7% in den Vorjahren fällt dieser Anstieg eher moderat aus. Der Regierungsrat hat die Prämienanträge der Krankenversicherer geprüft und ist der Auffassung, dass angesichts der kantonalen Reservesituation, der aktuellen Kostenentwicklung und der kantonalen Finanzierungsentscheide im Hinblick auf die Umsetzung der neuen Spitalfinanzierung auch eine Nullrunde vertretbar gewesen wäre.
Die Prämienerhöhungsanträge der Krankenversicherer führen zu einem Anstieg der durchschnittlichen Referenzprämie (Franchise Fr. 300, inkl. Unfall, ordentliche Versicherung) auf 500 Franken (im Vorjahr 484 Franken). Das Bundesgesetz über die Krankenversicherung schreibt vor, dass die Prämien nach ausgewiesenen Kostenunterschieden festgesetzt werden müssen. Nach Meinung des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt wird dieses Gebot mit den neuen Prämien nicht erfüllt. Die Kostenentwicklungen des vergangenen Jahres (Zunahme von lediglich 0.7%) und im ersten Halbjahr 2011 (Rückgang von 0.3%) liegen deutlich unter den Prämienanpassungen für diese Jahre. Die wissenschaftlichen Kostenprognosen für das laufende und das kommende Jahr lassen einen weitaus geringeren Anstieg der Leistungsbeanspruchung erwarten als die beantragten Prämienerhöhungen.
Zudem hat der Regierungsrat mit einer sorgfältigen Vorbereitung der Umsetzung der neuen Spitalfinanzierung dafür gesorgt, dass deshalb nicht mit unerwarteten Kostenschüben gerechnet werden muss. So sieht das kantonale Budget 2012 einen Betrag von 125 Mio. Franken für die Finanzierung von gemeinwirtschaftlichen und unterfinanzierten Leistungen der Spitäler vor. Leider haben die Krankenversicherer diesen Faktoren nicht im notwendigen Mass Rechnung getragen, obwohl der Versichererverband santésuisse in die Vorbereitungsarbeiten einbezogen worden war. Aus diesem Grund hat sich der Regierungsrat (erfolglos) beim Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern für eine Nichtgenehmigung der Prämienanträge und eine Nullrunde bei den Krankenversicherungsprämien 2012 eingesetzt.
Der Unterschied zwischen der günstigsten (421 Franken) und der teuersten (691 Franken) Prämie im Kanton Basel-Stadt hat sich erneut vergrössert. Beim teuersten Versicherer sind für die gleichen Leistungen somit 64% mehr zu bezahlen. Die Versicherten können ihre Prämienbelastung durch die Überprüfung ihre Versicherungsdeckung mildern. Beispielsweise gibt es für die Wahl von HMO oder Hausarztmodellen namhafte Prämienrabatte. Auch ist der Wechsel zu einem günstigeren Versicherer in der Grundversicherung ohne Nachteile möglich. Sind genügend Rücklagen für ein zusätzliches Risiko vorhanden, kann auch mit der Wahl einer höheren Franchise die Monatsprämie gesenkt werden. Die Beiträge der individuellen Prämienverbilligung für Personen und Familien in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Regierungsrat im Ausmass der erwarteten Prämiensteigerung erhöht. Weiter wirkt auf die kantonalen Prämien entlastend, dass voraussichtlich ab 2013 (Vernehmlassung im Gange) eine Prämienkorrektur aufgrund der zu hohen kantonalen Reserven in Basel-Stadt über eine Anpassung der CO2-Rückerstattung erfolgen wird. Versicherte im Kanton Basel-Stadt können monatlich mit einer bis zu 2 Franken höheren CO2-Rückerstattung rechnen. Dieser auf der Prämienrechung bereits abgezogene Betrag wird daher von rund 4 auf bis zu 6 Franken monatlich ansteigen. Zudem benötigen Versicherte in Basel-Stadt aufgrund der grösseren Freizügigkeit im Zug der Neuordnung der Spitalfinanzierung keine Zusatzversicherung für die freie Spitalwahl in der ganzen Schweiz mehr. Dies kann zu einer Prämienersparnis von rund 10 Franken pro Monat führen. Ein um diese Faktoren bereinigter Vergleich der Prämie von Basel-Stadt mit denjenigen der stadtnahen Gemeinden des Kantons Basel-Landschaft führt nahezu zu einer Halbierung der gesamten Prämien-Differenz.
Trotz all dieser dämpfenden Elemente liegen die durchschnittlichen Prämien im Kanton Basel-Stadt an der Spitze. Der Grund für die im Vergleich mit anderen Kantonen höheren Belastung liegt im fehlenden Stadt-Land-Ausgleich. Die Inanspruchnahme von Leistungen im Gesundheitswesen des Kantons Basel-Stadt – und somit das Kostenniveau an sich – ist nicht überdurchschnittlich hoch, wenn dieses auf der Ebene von Städten verglichen wird. So zeigt eine Untersuchung des Gesundheitsdepartements, dass die durchschnittliche Hospitalisationsrate pro 1000 Einwohner in Basel-Stadt bei 149 liegt, was dem Durchschnitt der zehn grössten Schweizer Städte entspricht.
Neue Spitalfinanzierung und gemeinwirtschaftliche Leistungen
Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt hat im Weiteren den Bericht zum Ratschlag betreffend Rahmenausgabenbewilligung für die Finanzierung der gemeinwirtschaftlichen und ungedeckten Leistungen in baselstädtischen Spitälern für die Jahre 2012 und 2013 genehmigt. Der Ratschlag sieht eine Rahmenbewilligung durch den Grossen Rat für die beiden Jahre von insgesamt 240 Millionen Franken vor (2012 CHF 125 Mio. und 2013 115 Mio.).
Die neue Spitalfinanzierung, welche am 1. Januar 2009 mit einer dreijährigen Übergangsfrist in Kraft getreten ist, beinhaltet folgende Hauptpunkte:
- Leistungsbezogene Fallpauschalen auf einer gesamtschweizerisch einheitlichen Tarifstruktur
- Vollkostenprinzip unter Einbezug sämtlicher anrechenbarer Kosten inkl. Abschreibungen und Kapitalzinskosten
- Gleichstellung der auf den kantonalen Spitallisten aufgeführten öffentlichen und privaten Spitäler
- Freie Spitalwahl und damit Öffnung der Kantonsgrenzen
- Separate Finanzierung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen
Gemeinwirtschaftliche Leistungen sind Leistungen, welche für die Gesundheitsversorgung nötig sind, aber nicht in die gemäss Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) definierten anrechenbaren Kosten für die Tarifbildung einfliessen. Unter anderem sind dies:
- Die Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung zum FMH-Facharzttitel
- Der Ausgleich der Differenz zwischen normativem Abzug der Kosten für universitäre Lehre und Forschung der Krankenversicherer zu den tatsächlichen Beiträgen der Universität an die Spitäler
- Übrige „kleinere“ gemeinwirtschaftliche Leistungen wie beispielsweise der Schulunterricht für Kinder bei längerem Spitalaufenthalt, Finanzierung der Sozialdienste in den Spitälern, Anonyme Sprechstunde Schwangerschaft, Seuchenvorsorge gemäss Bundesrecht und weiteres mehr.
In diesen Bereichen beantragt der Regierungsrat eine vollständige Kostenübernahme.
Nicht gedeckte Leistungen hingegen sind KVG-Leistungen, welche über keinen kostendeckenden Tarif verfügen. In erster Linie sind dies spitalambulante Leistungen in den Polikliniken und auf den Notfallstationen. Mit dem Ratschlag an den Grossen Rat soll in diesem Bereich den öffentlichen Spitälern ein geordneter Übergang zur neuen Spitalfinanzierung ermöglicht werden. Er sieht eine degressive Teilfinanzierung über drei Jahre vor. (2012: CHF 27 Mio., 2013 CHF 17 Mio. und 2014 CHF 8 Mio.) In dieser Zeit sollen die ambulanten Dienstleistungen entweder durch Effizienzsteigerungen zum geltenden Tarif kostendeckend angeboten werden können oder bei – aus versorgungspolitischer Sicht – Nichtbedarf der entsprechenden Leistungen darauf verzichtet werden oder aber – bei versorgungspolitischer Notwendigkeit – diese vom Kanton Basel-Stadt weiter bestellt und von diesem auch finanziert werden.
Das Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) soll von der degressiven Teilfinanzierung im ambulanten Spitalbereich ausgenommen werden, da in der Kindermedizin nur sehr eingeschränkt Querfinanzierungen über Erträge aus dem Zusatzversicherungsbereich (Anteil halbprivat und privat nur 4%) möglich sind. Zudem bestehen in der Pädiatrie kaum niedergelassene Spezialarztpraxen, wie dies im Erwachsenenbereich der Fall ist. Durch die bi-kantonale Trägerschaft des UKBB mit dem Kanton Basel-Landschaft, soll die Gesamtfinanzierung des UKBB wiederum in einem partnerschaftlichen Geschäft dem Grossen Rat und dem Landrat unterbreitet werden. (Die voraussichtlichen Beiträge an das UKBB sind in den oben erwähnten Zahlen bereits enthalten).