Tripartite Kommission Arbeitsbedingungen: Vollzug der flankierenden Massnahmen zum freien Personenverkehr
MedienmitteilungDepartement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt
Medienmitteilung der Tripartiten Kommission Arbeitsbedingungen -- Die Zahl der Entsandten ist im Jahr 2011 nach zwei rückläufigen Jahren um 6.5% angestiegen. Auch die Anzahl selbstständiger Dienstleister hat zugenommen und zwar um 13.3%. Diese Entwicklung zeigt sich auch beim Baugewerbe, in welchem im Vergleich zum Vorjahr 3.5% mehr Entsandte und 11.8% mehr Selbstständige gemeldet wurden. Für die gesamthaft geleisteten Arbeitstage weist die Statistik im Bereich der selbstständigen Meldepflichtigen eine Zunahme um 9.0% aus, im Bereich der Entsendungen blieb die Zahl der Arbeitstage trotz mehr Personal praktisch unverändert. Insgesamt beträgt der Anteil der durch entsandte Arbeitskräfte und Selbstständige im Baugewerbe geleisteten Arbeitstage lediglich 2.7% der Vollzeitäquivalente. Ein Grossteil der Aufträge geht also nach wie vor an Schweizer Unternehmen. Im Rahmen der Marktbeobachtung der Tripartiten Kommission wurden die Lohndaten von 507 inländischen und ausländischen Firmen bzw. 776 Personen erhoben. Systematisches Lohndumping hat die Tripartite Kommission nicht festgestellt.
Im Jahr 2011 haben ausländische Firmen 4'709 (2010: 4'421) Personen in den Kanton Basel-Stadt entsendet. Die Zahl der Arbeitskräfte, die kurzfristig bei Schweizer Arbeitgebenden eingesetzt wurden, betrug 6'202 (2010: 4'861), davon entfielen 1'097 (2010: 964) Meldungen auf Temporärfirmen. Insgesamt und zu Vollzeitäquivalenten gerechnet betrug der Arbeitsanteil durch Meldepflichtige 1,01% (2010: 0,91%) aller Beschäftigten. Im Baugewerbe entfielen 17'379 Arbeitstage (2010: 16'871) auf Selbstständige und 35'696 (2010: 37'149) auf Entsandte. Der Arbeitsanteil der gemeldeten Entsandten und selbstständigen Arbeitskräfte im Baugewerbe zu Vollzeitäquivalenten gerechnet betrug 2.7% (2010: 2.8%). Diese Zahlen zeigen, dass die Aufträge im Baugewerbe noch immer mehrheitlich an Schweizer Unternehmen gehen. Weitere Informationen zur Arbeitsmarktbeobachtung
Die Tripartite Kommission Arbeitsbedigungen hat zur Aufgabe, den Arbeitsmarkt generell zu beobachten. Im Rahmen dieser Aufgabe kann sie nähere Abklärungen (v.a. Lohnerhebungen) in Branchen durchführen, die nicht von einem allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag erfasst werden. Sie prüft, ob die orts- und branchenüblichen Arbeits- und Lohnbedingungen eingehalten werden. Stellt die Tripartite Kommission Unterschreitungen fest, so sucht sie im Rahmen sogenannter Verständigungsgesprächen eine Einigung herbeizuführen. Kommt es zu keiner Einigung, so hat die TPK aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen keine Sanktionsmöglichkeiten. Sie kann jedoch dem Regierungsrat die erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung eines bestehenden Gesamtarbeitsvertrages bzw. bei dessen Fehlen einen Normalarbeitsvertrag mit verbindlichen Mindestlöhnen beantragen.
Die Tripartite Kommission führte 2011 bei 438 (2010: 441) Firmen bzw. bei 776 (2010: 1'441) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Lohnerhebungen durch. 177 (2010: 163) Kontrollen entfielen auf ausländische Firmen, 237 (2010: 278) auf Schweizer Betriebe. Ferner wurden 93 (2010: 57) Selbstständigerwerbende kontrolliert. Der Kanton Basel-Stadt hat damit das in der Leistungsvereinbarung 2011 vereinbarte Ziel von 530 Kontrollen gemäss der Zählweise des Bundes erfüllt. Hauptschwerpunkte der Kontrolltätigkeit im Jahre 2011 waren der Personalverleih, Inventurfirmen, der Haushalt, die Marktfahrenden sowie die Selbständigen.
Wie bereits in den Vorjahren ist festzuhalten, dass die orts- und branchenüblichen Löhne nur in Einzelfällen unterboten wurden. Systematisches und wiederholtes Lohndumping wurde nicht festgestellt. Firmen mit Lohnunterschreitungen wurden auf die orts- und branchenüblichen Löhne hingewiesen und aufgefordert, diese künftig einzuhalten. Die Reaktionen der Firmen zeigen, dass diesen Aufforderungen in der Regel nachgekommen wird. Viele ausländische, vor allem deutsche Unternehmen, sind wiederholt in der Schweiz tätig, sind mit den hiesigen Verhältnissen vertraut und halten sich an die orts- und branchenüblichen Arbeits- und Lohnbedingungen. Auch im Personalverleih, namentlich bei Hilfstätigkeiten wurde der orts- und branchenübliche Lohn eingehalten.
Auch die Selbstständigen konnten die erforderlichen Nachweise erbringen. Scheinselbstständigkeit wurde keine festgestellt. Da die Selbstständigerwerbenden im Baugewerbe in den Zuständigkeitsbereich der Paritätischen Kommissionen fallen, waren die in den Kontrollbereich der Tripartiten Kommission fallenden Selbstständigen überwiegend in den Unternehmensdienstleistungen anzutreffen, d.h. IT, Consulting, SAP, Controlling usw.. Es handelt sich um einen Bereich mit hochqualifizierten und gutbezahlten Dienstleistungen. Die Paritätischen Kommissionen haben dem Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) zehn Personen gemeldet, bei denen der Verdacht auf Scheinselbstständigkeit bestand, da sie die geforderten Unterlagen nicht eingereicht hatten. Die gegen diese Personen ausgesprochenen Sperren wurden in drei Fällen wieder aufgehoben, nachdem die erforderlichen Unterlagen nachgereicht worden waren. Die Unterlagen wurden an die Paritätischen Kommission weitergeleitet. Es erfolgten keine Rückmeldungen betreffend Scheinselbstständigkeit.
Die Paritätischen Kommissionen sind gemäss dem Entsendegesetz zuständig für die Kontrolle der einem allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag unterstehenden Branchen, insbesondere der Baubranche. Wie die Baustellenkontrolle Basel auf Anfrage mitgeteilt hat, führte sie im Auftrag der Paritätischen Kommissionen 2011 575 (2010: 701) Kontrollen auf Baustellen bei in- und ausländischen Firmen durch. Davon wiesen 306 (2010: 311) Unregelmässigkeiten auf. Bei 105 (2010: 145) ausländischen Firmen wurde eine vertiefte Lohnbuchkontrolle durchgeführt. Die paritätische Kommission meldete dem Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) 89 Firmen (2010: 81) wegen Verstössen gegen die minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen. Das AWA sprach auf Grund der Meldungen der Paritätischen Kommissionen gegenüber 36 Firmen (20: 31) eine Busse und gegenüber acht Unternehmungen (2010: vier) eine Verwarnung aus. Ferner wurden 19 (2009: 16) Sperren verhängt, hauptsächlich wegen Auskunftsverweigerungen. Wird eine Firma gesperrt, so ist es der Unternehmung je nach Schwere des Verstosses untersagt, während einem bis fünf Jahren in der Schweiz Arbeiten auszuführen. Ferner wurden 50 (2010 62) Bussen und 78 (2010) 85) Verwarnungen wegen Verletzung der Meldepflicht ausgesprochen.
Wie schon in den vorangegangenen Jahren besteht zwischen den im Jahresbericht der Baustellenkontrolle aufgelisteten vermuteten Verstössen und den dem Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) gemeldeten Fällen eine erhebliche Diskrepanz. Nur in rund einem Drittel der Fälle von vermuteten Verstössen werden die Unterlagen zur Sanktionierung an das AWA weitergeleitet. Die Tripartite Kommission hat daher entschieden, diese Divergenzen mit den Verantwortlichen der Baustellenkontrolle Basel und der Paritätischen Kommissionen in Gesprächen anzugehen.
Da der allgemeinverbindlich erklärte Landesmantelvertrag für das Bauhauptgewerbe nicht verlängert worden ist, herrscht im Bauhauptgewerbe seit dem 1. Januar 2012 ein vertragsloser Zustand. Per 1. April 2012 soll ein neuer Landesmantelvertrag für das Bauhauptgewerbe in Kraft treten. Auf welchen Zeitpunkt hin der neue Vertrag allgemeinverbindlich erklärt werden wird, ist noch offen. Aufgrund der Entsendegesetzgebung sind die Tripartiten Kommissionen bis zur Allgemeinverbind-licherklärung für die Marktbeobachtung und allfällige Kontrollen zuständig. Die Tripartite Kommission hat die Baustellenkontrolle Basel mit der Marktbeobachtung des Bauhauptgewerbes beauftragt. Die Baustellenkontrolle Basel wird die erforderlichen Baustellen- und Lohnbuchkontrollen durchführen und der Tripartiten Kommission Bericht erstatten. Als orts- und branchenüblich gelten die Basislöhne gemäss Definition im Landesmantelvertrag (LMV 08, Stand 2011) plus eine generelle Erhöhung der Lohnsumme um 1 Prozent.