Grosser Wettbewerb um Fachkräfte in der Langzeitpflege

Die Zahlen sind alarmierend: 2025 fehlen in der Schweiz 40'000 Pflegefachleute – 70 Prozent davon in der Langzeitpflege. Eine Umfrage der UNIA von Februar 2019 zeigte: In diesem Berufsfeld ist die Belastung der Mitarbeitenden besonders hoch und das Image nach wie vor nicht gut. Innovative Alters- und Pflegeinstitutionen zeigen aber, dass auch in dieser Branche familienfreundliche Arbeitsbedingungen umsetzbar sind – und sich auszahlen. Das belegten vier Institutionen an der gestrigen Veranstaltung der Familienfreundlichen Wirtschaftsregion Basel, Curaviva Baselland und Curaviva Basel-Stadt.

Wie lässt sich in einer von langen Arbeitstagen und -nächten, unregelmässigen Einsätzen und Pikettdienst geprägten Branche Personal gewinnen? Wie lassen sich die Arbeitsbedingungen so gestalten, dass sich Arbeit und Familie auch unter erschwerten Bedingungen unter einen Hut bringen lassen? An der gestrigen Veranstaltung der Familienfreundlichen Wirtschaftsregion Basel gaben Fachpersonen aus Pflege- und Altersinstitutionen Einblick in ihren Alltag. Die Veranstaltung, die bereits im Februar angeboten wurde, war auch diesmal ausgebucht. «Das grosse Interesse freut uns und belegt, dass die Bereitschaft, sich auf familienfreundliche Arbeitsformen einzulassen, hoch ist. Das ist wichtig, denn dieses Thema wird im Kontext der Alterung der Gesellschaft noch mehr an Aktualität und Bedeutung gewinnen», sagt Leila Straumann, Leiterin der Abteilung Gleichstellung von Frauen und Männern und Koordinatorin der Familienfreundlichen Wirtschaftsregion Basel.

 

Die Praxisinputs und die angeregten Diskussionen haben gezeigt, dass die Massnahmen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den vier Betrieben vielfältig sind: Flexible Arbeitszeiten, Jobsharing auf allen Hierarchiestufen, Weiterbildungsangebote und Teamentwicklung, Unterstützung für Wiedereinsteigerinnen, Mutter- und Vaterschaftsurlaub über das gesetzliche Minimum hinaus, Angebote für die Kinderbetreuung sowie eine Lohnpolitik, die Frauen und Männer gleich behandelt sowie Mutterschaft und Erziehungsjahre anerkennt. Bei den vorgestellten Betrieben bewähren sich drei Ansätze: Eine familienfreundliche Unternehmenskultur, flexible Arbeitszeiten und spezifische Massnahmen zur Unterstützung von Mitarbeitenden mit Betreuungsaufgaben.

 

«Der Blick auf den Lebenszyklus der Mitarbeitenden löst starre betriebliche Strukturen ab», wie André Müller vom KZU Kompetenzzentrum Pflege und Gesundheit  in seinem Inputreferat ausführte. «Dank unseren betriebseigenen Krippen sind wir während der Familienphase Teil des Familien-Systems». So steigen Mitarbeiterinnen nach der Geburt eines Kindes weniger oft aus dem Beruf aus. Diese Ausrichtung auf Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie habe nicht nur im KZU wesentlich dazu beigetragen, die Verweildauer der Mitarbeitenden im Beruf zu erhöhen, so Müller weiter.

 

Wie das Beispiel des Pflegezentrum Brunnmatt zeigt, sind es zuweilen kleine Anpassungen, die viel bewirken: «Wir haben zwei Schichten für Eltern eingeführt. Die Morgenschicht beginnt, nachdem die Eltern die Kinder in die Krippe, den Kindergarten oder die Schule gebracht haben, und die Abendschicht startet, wenn der eine Elternteil von der Arbeit kommt und zu Hause übernehmen kann», erklärt Jennifer Kiener vom Pflegezentrum Brunnmatt. Dieses Angebot stösst bei den Mitarbeitenden auf grossen Anklang.

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