Bettagsmandat 1995
MedienmitteilungRegierungsrat
Der Regierungsrat hat zum diesjährigen eidgenössischen Dank- Buss- und Bettag folgende Gedanken angestellt
Der Bettag als Tag der nationalen Gewissensforschung hat in der Vergangenheit stets dazu beigetragen, den Solidaritätsgedanken unter unserer Bevölkerung zu fördern, Kleinlichkeit und Eigensucht in den Hintergrund zu drängen sowie aber auch Verständnis und Rücksicht gegenüber den Fremden zu wecken. Im heutigen Zeitpunkt soll er Anlass sein, der grossen menschlichen Not zu gedenken, welche die kriegerischen Auseinandersetzungen auf dem Balkan seit nunmehr vier Jahren verursachen.
Der Völkermord und die ethnischen Säuberungen im ehemaligen Jugoslawien haben schon mehrere Zehntausend Todesopfer gefordert; Millionen von Menschen haben kein Zuhause mehr und befinden sich auf der Flucht. Zahlen allein können aber die Schrecken und die Vertreibung von Menschen und die Zerstörung ihrer Heimstätten um irgendwelcher Prinzipien willen nicht richtig ausdrücken. Angesichts des täglichen Grauens dieses blutigen Bürgerkrieges befallen uns denn auch Gefühle der Ohnmacht, und aus unserer anfänglichen Betroffenheit und Hilfsbereitschaft wird mehr und mehr Teilnahmslosigkeit und Gleichgültigkeit.
Wir dürfen jedoch das Unrecht, das diesen Menschen, - vor allem Frauen und Kindern - angetan wird, nicht einfach hinnehmen oder verdrängen. Nehmen wir den Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag daher zum Anlass, unser Gewissen über den Krieg und den Völkermord im ehemaligen Jugoslawien und anderswo in der Welt zu erforschen.
Menschenwürde, Frieden und Freiheit sind keine naturgegebenen Güter. Sie müssen immer wieder erkämpft und gesichert, von allen aber auch gewollt werden. Bringen wir gemeinsam den Mut auf, uns auch im Alltag offen zu Prinzipien der Menschlichkeit zu bekennen und für sie einzutreten.