Bettagsmandat 2008
MedienmitteilungRegierungsrat
„Gott ist vielleicht Poesie“. Dieses Zitat von Endo Anaconda, dem Sänger der Mundartband Stiller Has, ist bestechend, denn es drückt eine tiefe Wahrheit aus: Das griechische Wort Poesie bedeutet einerseits „Schöpfung“. Andererseits umschreibt es das Berührende eines Momentes und die Wirkung eines Augenblicks oder eines Wortes. Die Poesie vermag etwas, das einem besonders berührt, in Worte zu fassen. Zart ist die poetische Sprache, fein und still. Was man beschreiben will, ist kaum wahrnehmbar, was man aussagen will, kaum fassbar. Beide Bedeutungen von Poesie gelten für die Bibel. Und vielleicht auch für Gott?
Der Regierungsrat freut sich, dass die christlichen Kirchen von Basel-Stadt die biblischen Geschichten unserer Bevölkerung näher bringen. Das Gleichnis vom Sämann, bei dem das Wort Gottes im Bild des gesäten Samens teilweise auf unfruchtbarem Boden fällt, die Fusssalbung Jesu durch die Sünderin Maria Magdalena oder die Geschichten des Alten Testaments wie die des Josef, der von seinen Brüdern in den Ziehbrunnen geworfen und später nach Ägypten verkauft wird: Sie alle bilden die Grundlage unseres Glaubens und drücken voller Poesie Lebensweisheiten aus. Unsere Kultur, unsere Wertvorstellungen, die Schöpfungen der Kunst und Literatur basieren auf der Bibel. Das Buch der Bücher wirft archetypische Fragen des Menschen und des Zusammenlebens von Mensch und Natur auf.
Wer zusammen lebt, kommt nicht ohne Wertvorstellungen und Regeln aus. Auch die Politik muss die gesellschaftlichen Werte immer wieder überprüfen und hinterfragen. Hier haben die Kirchen eine unverzichtbare Aufgabe: Sie gestalten im innerkirchlichen und interreligiösen Dialog die Werte und Moralvorstellungen unseres Gemeinwesens mit.
Karl Barth, dessen 40. Todestag wir am 10. Dezember gedenken, ermahnte einst:„Hätten wir doch früher uns zur Bibel bekehrt, damit wir jetzt festen Grund unter den Füssen hätten!“ Die Bibel und deren Geschichten geben uns festen Boden unter den Füssen. Keinen Triebsand, sondern einen stabilen Grund, auf dem wir sicher stehen und uns für unsere Werte einsetzen können. Halt und Zuversicht: Dies wünscht der Regierungsrat am diesjährigen Dank-, Buss- und Bettag der ganzen Bevölkerung unseres Kantons.
Überall ist Poesie. Auch der für die bildende Kunst, die Kultur und die Gesellschaft sehr verdiente Mitbürger unseres Kantons, Ernst Beyeler, hat poetische Worte gefunden, um unser Verhältnis zur Religion auszudrücken: „Die Religion ist in jedem von uns, und von Zeit zu Zeit kommt sie zum Vorschein, mehr in Form von Sehnsucht als von Erleuchtung.“
Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt