Basel-Stadt investiert in die frühe Sprachförderung
MedienmitteilungRegierungsrat
Kinder mit ungenügenden Deutschkenntnissen können ab nächstem Schuljahr an zwei Halbtagen in der Woche zum Besuch eines familienexternen Angebots verpflichtet werden. Rund 440 Basler Kinder dürften jedes Jahr unter dieses selektive Obligatorium fallen, für dessen Einführung der Grosse Rat einen Kredit von 1,9 Millionen Franken jährlich bewilligt hat. Unabhängig von den sprachlichen Kenntnissen werden alle Familien mit geringem Einkommen ihr Kind neu bereits zwei Jahre vor Kindergarteneintritt vergünstigt in eine Spielgruppe schicken können. Die Forderung, Spielgruppen direkt finanziell zu unterstützen, lehnt der Regierungsrat ab.
Sprachdefizite bei der Einschulung können häufig bis zum Ende der Schulzeit nicht mehr aufgeholt werden. Als erster Kanton hat Basel-Stadt deshalb bereits 2009 beschlossen, Kinder mit ungenügenden Sprachkompetenzen schon vor Beginn des Kindergartens systematisch zu erfassen und ihnen während zwei Halbtagen pro Woche den Besuch eines qualifizierten familienexternen Angebots zu finanzieren. Um auch diejenigen Kinder erfassen zu können, die eine sprachliche Frühförderung besonders nötig haben, wurde dieses Angebot mit einem selektiven Obligatorium gekoppelt. Nach erfolgreichen Probeläufen hat der Regierungsrat nun entschieden, dass dieses Auswahlverfahren auf nächstes Schuljahr hin eingeführt wird und die Finanzierung des Spielgruppenbesuchs neu geregelt wird.
Auswahlverfahren durch Elternfragebogen
Die Auswahl der Kinder, die von diesem selektiven Obligatorium erfasst werden, stützt sich auf einen von der Universität Basel entwickelten Fragebogen. Alle Eltern, deren Kinder 18 Monate vor dem Eintritt in den Kindergarten stehen, müssen diesen ausfüllen. Es hat sich gezeigt, dass selbst Eltern, die kein oder kaum Deutsch sprechen, mit Hilfe des Fragebogens den Sprachstand Deutsch ihrer Kinder ausserordentlich genau einschätzen. An Informationsanlässen können Eltern den Bogen mit Unterstützung von Übersetzer/innen vor Ort ausfüllen. Auf freiwilliger Basis wurde dieses Verfahren vier Jahre erprobt: 2012 haben zwei Drittel der Eltern den Fragebogen ausgefüllt. Mit Einführung des Obligatoriums werden Eltern von Kindern mit ungenügenden Deutschkenntnissen verpflichtet, mit Hilfe von Vermittlungsstellen einen Platz in einer Spielgruppe, einem Tagesheim oder einer Tagesfamilie zu suchen. Eltern, die den Fragebogen nicht ausfüllen oder dem Entscheid trotz Mahnung nicht nachkommen, obwohl nachweislich freie Plätze zur Verfügung stehen, müssen mit einer Ordnungsbusse rechnen, die vom Departementsvorsteher bzw. der zuständigen Stelle der Gemeinden ausgesprochen wird.
Gefragt sind Spielgruppenplätze
Aufgrund der Probephase ist damit zu rechnen, dass von den rund 1700 Kindern eines Jahrgangs etwa 440 Kinder von dem selektiven Obligatorium betroffen sein werden. Für die allermeisten von ihnen stehen bereits heute Plätze zur Verfügung. Die meisten der verpflichteten Kinder werden eine Spielgruppe besuchen. Diese werden die Elternbeiträge direkt dem Erziehungsdepartement zu einem kostendeckenden Tarif von 15.25 Franken pro Betreuungsstunde und Kind in Rechnung stellen können. Das ist deutlich mehr, als die Spielgruppen üblicherweise von Eltern verlangen können. Aus diesem Grund lehnt es der Regierungsrat ab, im jetzigen Zeitpunkt direkte Beiträge an die Miet- oder Personalkosten der Spielgruppen zu leisten, wie sie in einem Anzug von Doris Gysin (SP) vorgeschlagen werden. In seiner Antwort auf den Anzug spricht er sich aber für eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Spielgruppenorganisationen aus.
Ausweitung der Spielgruppenvergünstigungen
Mit der Einführung des selektiven Obligatorium hat der Grosse Rat 2009 auch eine abgestufte Vergünstigung der Spielgruppentarife für einkommensschwache Familien beschlossen. Diese Vergünstigungen werden bereits seit August 2010 für Kinder gewährt, die im Jahr vor dem Kindergarteneintritt stehen. Dabei hat sich gezeigt, dass viele Eltern, ihre Kinder gerne schon früher in eine Spielgruppe schicken würden, sich dies aber ohne verbilligte Tarife nicht leisten können. Im Interesse dieser Kinder macht deshalb eine Ausweitung der Spielgruppenvergünstigung auf zwei Jahre vor dem Kindergarteneintritt aus Sicht des Regierungsrates Sinn. Diese Ausweitung lässt sich mit dem vom Grossen Rat bewilligten Kreditrahmen von 1,9 Millionen Franken jährlich finanzieren.