Ausbruch aus Untersuchungsgefängnis Waaghof:
MedienmitteilungGrosser Rat
Geschäftsprüfungskommission ortet Baumängel und schwerwiegende Verletzungen der Sorgfaltspflicht -- Der Ausbruch aus dem Untersuchungsgefängnis Waaghof vom August 2012 ist ursächlich durch Baumängel und schwerwiegende Verletzungen der Sorgfaltspflicht mehrerer involvierter Stellen, auch seitens der kantonalen Behörden, ermöglicht worden. Zu diesem Schluss kommt die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates, die parallel zum Vorverfahren der Staatsanwaltschaft den Ausbruch und dessen Begleitumstände im Sinne der parlamentarischen Oberaufsicht untersucht hat.
Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rates setzte nach dem Ausbruch dreier Häftlinge aus dem Untersuchungsgefängnis Waaghof vom 19. August 2012 eine Subkommission ein. Der Vorfall hat politische Relevanz, da er auffallende Ähnlichkeit mit einem bereits 2003 gelungenen Ausbruch aufweist. Der Grosse Rat bewilligte damals in der Folge 3,83 Millionen Franken, um die erkannten baulichen Schwachstellen zu beheben und Sicherheitseinrichtungen zu verbessern.
Nach einem Augenschein vor Ort, verschiedenen Anhörungen und der Einsicht in die Untersuchungsakten der Staatsanwaltschaft sowie in die Bauunterlagen kommt die Subkommission und mit ihr die GPK zu folgenden Schlussfolgerungen:
Eine Kombination von eklatanten Baumängeln sowie Kommunikationsdefiziten, verbunden mit Passivität, Betriebsblindheit und mangelnder Sorgfaltspflicht bei Vertretern von Bauherrschaft, Bauleitung, Nutzerschaft und Unternehmen haben dazu geführt, dass „kreative“ Ausbrecher mit einfachsten Hilfsmitteln ein mit Steuergeldern vor wenigen Jahren aufgerüstetes Sicherheitssystem überwinden konnten. Dass ein Weiterreichen von wichtigen Arbeiten an Subunternehmer Übersicht und Kontrolle erschwerten und Verantwortlichkeiten so „verwässert“ wurden, erleichterte den Ausbrechern ihr Tun noch zusätzlich. Tatsächlich war der Flächenschutz auf einer an das Nachbarhaus angrenzenden Backsteinwand nicht vollständig montiert worden, sodass diese ohne Alarmauslösung durchbrochen werden konnte. Wer diesen Baumangel konkret zu verantworten hat, konnte nicht abschliessend eruiert werden. Vernachlässigt worden waren aber auf jeden Fall Begleitung und Abnahme dieser Arbeiten, wobei die zuständigen Stellen klar zu bezeichnen sind. Desweiteren wurde einem Hinweis aus der Nachbarschaft auf einen möglichen Ausbruch nicht genügend Beachtung geschenkt.
Für die GPK steht nicht nur der für die Sicherung einer als Schwachstelle erkannten Aussenwand eingesetzte Geldbetrag im Fokus, sondern auch der ungenügende Vollzug des Auftrags in einem für Bevölkerung und Politik höchst sensiblen Bereich. Sie erwartet, dass die Bau- und Sicherheitsverantwortlichen im Kanton künftig eine intensivere Begleitung und Kontrolle entsprechender Umbauarbeiten gewährleisten.
Die GPK regt an, dass Regierungsrat und Verwaltung die Ergebnisse der Umsetzung von Grossratsbeschlüssen wie demjenigen betreffend Verbesserung der Sicherheit im Untersuchungsgefängnis Waaghof künftig in geeigneter Art und Weise kommunizieren. Zur Institutionalisierung solcher Vollzugsmeldungen zu Grossratsbeschlüssen wird die GPK im Januar 2013 einen Anzug einreichen.
Hinweise
Der Bericht der GPK zu den Ausbrüchen aus dem UG Waaghof ist unter www.grosserrat.bs.ch im Internet abrufbar.