Vorschau auf die Grossratssitzung vom 26. und 27. Juni 2024
MedienmitteilungGrosser Rat
Der Grosse Rat behandelt in der Bündelitagsitzung die Berichte seiner Oberaufsichtskommissionen zur Kantonsrechnung und zur staatlichen Tätigkeit im vergangenen Jahr. Weitere Vorlagen betreffen die Personenschifffahrt, den Lonza-Bebauungsplan, die Verlegung der Hafenbahn und die Einführung eines Stimmrechts für Einwohnerinnen und Einwohner mit Niederlassungsbewilligung.
Rechnung des Kantons und staatliche Tätigkeit 2023
In der letzten Sitzung vor den Sommerferien legen die beiden Oberaufsichtskommissionen des Grossen Rates – die Finanzkommission und die Geschäftsprüfungskommission (GPK) – ihre Beobachtungen zur Jahresrechnung sowie zur Arbeit von Regierung, Verwaltung und Gerichten im vergangenen Jahr vor. Die Finanzkommission stimmt der Rechnung 2023, die mit einem Überschuss von 434 Mio. Franken abschliesst, einstimmig zu. Hauptverantwortlich für das positive Ergebnis sind steigende Steuereinnahmen, insbesondere bei den juristischen Personen. Die Kommission spricht verschiedene Problembereiche beim Kanton an, so die Verzögerung und Mehrkosten beim Neubau Naturhistorisches Museum/Staatsarchiv und den Unterbestand bei der Kantonspolizei. (Mehr s. Medienmitteilung vom 4. Juni 2024)
Die GPK kritisiert Mängel bei der IT- und Cybersicherheit des Kantons. Ausserdem zeigt sie sich ebenfalls über die vielen Vakanzen bei der Kantonspolizei sowie über die zunehmende psychische Belastung bei Kindern und Jugendlichen besorgt. Die Kommission richtet 54 Feststellungen, Empfehlungen und Forderungen an den Regierungsrat. (Mehr s. Medienmitteilung vom 6. Juni 2024)
Staatsbeiträge für die Personenschifffahrt
Der Regierungsrat will der Basler Personenschifffahrt AG (BPG) nach den schwierigen Pandemiejahren einen Neustart auf gesunder Finanzbasis ermöglichen. Er beantragt eine Erhöhung des jährlichen Betriebsbeitrags um 490‘000 auf 996‘000 Franken, für 2024 bis 2028 also knapp 5 Mio. Franken. Dazu soll dem Unternehmen ein Darlehen über 1,8 Mio. Franken erlassen werden, das es 2022 aufgrund der Pandemie erhalten hatte. Und schliesslich soll das Aktienkapital der BPG um 1,25 Mio. Franken erhöht werden. Die BPG will sich bezüglich Angebot und Infrastruktur modernisieren, u.a. ist in den nächsten fünf bis acht Jahren eine Schiffsneubeschaffung als Ersatz für die MS Christoph Merian vorgesehen. Eine 7:6-Mehrheit der Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK) stellt sich hinter die Vorlage. Demgegenüber will die Minderheit nur einen Teil der Unterstützungsmassnahmen bewilligen. Sie kritisiert gravierende Defizite in der Unternehmensleitung und will deshalb lediglich einen Betriebsbeitrag für das laufende Jahr 2024 sprechen, in Höhe von 537'000 Franken. Den Verzicht auf die Rückzahlung des Darlehens unterstützt sie, um keinen Konkurs des Unternehmens zu riskieren. Die Aktienkapitalerhöhung lehnt sie ab.
Neue Lonza-Hochhäuser (Areal Lindenhof)
Die Lonza AG will zusammen mit Swiss Life neben dem bestehenden, denkmalgeschützten Lonza-Hochhaus zwei weitere Hochhäuser in gleicher Höhe realisieren. Entstehen sollen Büros, publikumsorientierte Nutzungen in den Erdgeschossen sowie rund 200 Wohnungen. Mit der Verdichtung erhält der Pharmakonzern Flexibilität für das erwartete Wachstum und die Möglichkeit der Konzentration der Verwaltung am Hauptsitz. Die Bau- und Raumplanungskommission (BRK) begrüsst die Öffnung des Areals hin zur Wohnnutzung und die ökologische Aufwertung. Einen Streitpunkt bildet der Anteil preisgünstigen Wohnraums. Die BRK-Mehrheit beantragt, dass 25% des realisierten Wohnanteils preisgünstig sein muss, was einem Kompromissvorschlag der Eigentümerschaft entspricht. Eine BRK-Minderheit hatte sich für 30% ausgesprochen. Im regierungsrätlichen Ratschlag ist der preisgünstige Wohnanteil nicht an den effektiv realisierten Wohnraum gekoppelt. Die 4000 m2, welche die Eigentümerschaft mindestens preisgünstig umsetzen müsste, kämen einem Anteil von 16 bis 18% gleich. Uneinig ist sich die Kommission auch bei den Parkplätzen. Die Mehrheit vertritt die Ansicht, dass die Eigentümerschaft gemäss Parkplatzverordnung Anrecht auf eine gewisse Anzahl neuer Parkplätze hat und lehnte Anträge für eine darüberhinausgehende Begrenzung ab. Mit Stichentscheid des Präsidenten wurde weiter die Vorgabe eines strengeren Energie-Effizienzpfads für alle Bauten abgelehnt. Die Mehrheit befürchtet, dass durch eine Verschärfung der Vorgaben das Projekt verunmöglicht werden könnte. Dem nun vorliegenden Bebauungsplan stimmt die Kommission mit 9:2 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu.
Verlagerung der Hafenbahn
Am Klybeckquai und am Westquai sollen durchmischte Stadtteile für Wohnen und Arbeiten entstehen und das Rheinbord soll frei werden zur Nutzung durch die Bevölkerung. Voraussetzung für die Arealentwicklung ist die Verlagerung der Hafenbahn. Die Variante «Südquai», die vom Kanton im letzten Jahr zusammen mit dem Bundesamt für Verkehr und den Schweizerischen Rheinhäfen beschlossen worden ist, sieht die Verschiebung des Hafenbahnhofs ins Hafenkerngebiet vor; die Gleise südlich der Wiese werden aufgehoben. Der Regierungsrat beantragt 36 Mio. Franken für die weitere Planung dieser Variante und für erste Ersatz- und Verlagerungsmassnahmen; sie betreffen die Zollmessstation des Gasverbunds Mittelland und Bauten der IWB. Die WAK und die mitberichtende Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission (UVEK) unterstützen die geplante Weiterentwicklung der Hafenbahn einstimmig. Weil sie einen Eingriff in schützenswerte Lebensräume bedingt, beantragen sie, dass der Kanton ein Ersatzflächenkonzept vorlegen muss. Die Verlagerung der Bahn soll anfangs der 2030er Jahre abgeschlossen sein, bei geschätzten Gesamtkosten von 275 Mio. Franken.
Begrenztes Stimmrecht für Einwohnerinnen und Einwohner mit Niederlassungsbewilligung
In Basel-Stadt dürfen rund 38% der hier lebenden Menschen über 18 Jahren nicht mitbestimmen, da sie kein Schweizer Bürgerrecht haben. Die Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission (JSSK) spricht sich mit einer 7:6-Mehrheit dafür aus, Einwohnerinnen und Einwohnern, die eine Niederlassungsbewilligung haben und seit mindestens fünf Jahren im Kanton wohnen, das kantonale Stimm- und Wahlrecht einzuräumen. Davon ausgeklammert bleiben soll das passive Wahlrecht, also das Recht, gewählt zu werden. Für die Wahl in ein öffentliches Amt (z.B. Grosser Rat, Regierungsrat, Gerichtspräsidium oder Ständerat) wird somit weiterhin die Einbürgerung vorausgesetzt. Mit der Beschränkung auf die kantonale Ebene will es die JSSK-Mehrheit den Gemeinden Riehen und Bettingen überlassen, ob sie ein analoges kommunales Stimm- und Wahlrecht einführen wollen. Die JSSK-Minderheit will daran festhalten, dass das Schweizer Bürgerrecht unabdingbare Voraussetzung für das Stimm- und Wahlrecht ist. Ein Stimmrecht für Einwohnerinnen und Einwohner mit Niederlassungsbewilligung kennen bisher die Kantone Jura und Neuenburg, Basel-Stadt würde in der Deutschschweiz vorangehen. (Mehr s. Medienmitteilung vom 29. Mai 2024) Die Regierungsvorlage geht auf eine vom Grossen Rat 2020 überwiesene Motion zurück. Bei Zustimmung des Grossen Rates kommt es zu einer Volksabstimmung, da es sich um eine Verfassungsänderung handelt.
Neues Wassergesetz
Heute sind die drei zentralen wasserrechtlichen Themenbereiche Wasserbau, Gewässerschutz und Nutzung der Gewässer in vier Gesetzen und verschiedenen Verordnungen geregelt. In einem neuen Wassergesetz sollen diese nun gebündelt und der steigenden Bedeutung der Nutzung der Gewässer durch klarere Bestimmungen Rechnung getragen werden. Die UVEK stimmt dem neuen Gesetz mit einigen Änderungen zu. So will sie die Biodiversität stärker verankern und auch den Paradigmenwechsel, Niederschlagswasser möglichst versickern zu lassen oder zur Nutzung zurückzuhalten, statt in die Kanalisation zu leiten, zum Ausdruck bringen. Weiter sollen die Einnahmen aus den Ableitungsgebühren nicht nur für den Unterhalt der Kanalisation, sondern auch für Versickerungsanlagen eingesetzt werden können.
Archäologische Informationsstelle und Bibliothek Bläsi
Die Archäologische Informationsstelle «Murus Gallicus» liegt im Untergrund des Pausenplatzes der Primarschule Rittergasse, sie macht die spätkeltische Wehranlage unter Glaspyramiden sichtbar. Seit der Wiederaufnahme des Schulbetriebs im Jahr 2020 ist der Besuch der Informationsstelle für die Bevölkerung und Touristen bei Schulbetrieb kaum noch möglich, da die Glaspyramiden aus Sicherheitsgründen eingezäunt werden mussten. Der Regierungsrat beantragt deshalb knapp 3 Mio. Franken für eine Umgestaltung. Künftig soll die Informationsstelle über einen Eingang direkt von der Rittergasse zu erreichen sein. Geplant sind weiter ein unterirdischer Besucherraum und zwei Baukörper, welche die Höhe und den Verlauf des Keltenwalls spiegeln. Gleichzeitig wird der Schulhof attraktiver gemacht.
Für die Erweiterung der Quartierbibliothek Bläsi, einer Zweigstelle der GGG Stadtbibliothek, beantragt der Regierungsrat einen Investitionsbeitrag von 820'000 Franken. Mit dem Beitrag kann die Bibliothek ihre Fläche verdoppeln. Die Bildungs- und Kulturkommission stimmt beiden Vorlagen zu.
Parlamentarische Vorstösse
An der Bündelitagsitzung kommen keine neuen parlamentarischen Vorstösse zur Behandlung. Sofern der Grosse Rat auf der Tagesordnung so weit kommt, wird es um Antworten der Regierung auf überwiesene Vorstösse gehen.
Hinweise
Vollständige Tagesordnung: