Roche Südareal: BRK-Mehrheit spricht sich für angepassten Bebauungsplan aus, während BRK-Minderheit dem Antrag des Regierungsrats folgt
MedienmitteilungGrosser Rat
Eine Mehrheit der Bau- und Raumplanungskommission (BRK) des Grossen Rates möchte den Bebauungsplan für das Roche Südareal in mehreren Punkten anpassen. Sie fordert eine öffentliche Durchwegung durch den neuen Park und eine Verbreiterung der Solitude-Promenade. Zudem will sie das schutzwürdige Hochhaus Bau 52 von Roland Rohn erhalten und macht Vorgaben zur Minimierung der Treibhausgasemissionen für Erstellung und Betrieb neuer Gebäude. Eine Kommissionsminderheit spricht sich hingegen dezidiert für den Antrag des Regierungsrats und den neuen Bebauungsplan für das Roche Südareal aus.
Der Regierungsrat beantragt mit dem Bebauungsplan die planungsrechtlichen Grundlagen für die weitere Entwicklung des Südareals der Roche zwischen Grenzacherstrasse und Solitude-Promenade. Hierzu sollen die Forschungs- und Bürogebäude auf dem Südareal zurückgebaut werden, um Platz für einen grosszügigen Park und ein neues Gebäude für Besuchende und Mitarbeitende zu schaffen. Zudem sollen die Rahmenbedingungen für ein drittes Hochhaus (Bau 3) gesichert werden, wobei eine Realisierung von Bau 3 aktuell noch nicht geplant ist.
Gemeinsame Beratung und Aufteilung der Kommission
Die BRK hat verschiedene Anhörungen mit der Verwaltung, der Roche und weiteren Interessensvertretern durchgeführt. Im Rahmen der Kommissionsberatung zeigten sich erhebliche inhaltliche Differenzen bei der Beurteilung der Vorlage, insbesondere hinsichtlich der Forderung einer öffentlichen Durchwegung des neuen Parks, einer Verbreiterung der Solitude-Promenade sowie dem Erhalt von Bau 52. In der Folge teilte sich die Kommission in eine Mehrheit (sieben Kommissionsmitglieder) und eine Minderheit (sechs Kommissionsmitglieder).
Haltung der Kommissionsmehrheit
Die BRK-Mehrheit beurteilt den Bebauungsplan kritisch und sieht diverse Mängel, insbesondere was die öffentlichen Interessen angeht. Bau 3 wäre bei seiner Realisierung das höchste Hochhaus der Schweiz, wie schon Bau 1 und Bau 2 zuvor. Die BRK-Mehrheit ist überzeugt, dass die Bevölkerung im Gegenzug dafür erwartet, dass auch öffentliche Interessen angemessen berücksichtigt werden. Sie kritisiert zudem, dass kein Mitwirkungsverfahren stattfand und hinterfragt die Nachhaltigkeit der Arealentwicklung, wonach fast alle Gebäude abgerissen werden sollen, um später gleich viel Fläche neu als Turm zu bauen. Nach Ansicht der BRK-Mehrheit widerspricht dies aktuellen Bemühungen, vermehrt im Bestand zu entwickeln, wie dies etwa auch die Nachhaltigkeits-Strategie der Roche selbst vorsieht. Auch die Situation rund um die Solitude wird aus Sicht der BRK-Mehrheit nicht zufriedenstellend gelöst, zumal sich zum jetzigen Zeitpunkt die Gelegenheit für eine verbindliche Lösung bietet.
Aus Wertschätzung gegenüber der grossen Bedeutung der Roche für die Region hat die BRK-Mehrheit entschieden, sich auf einige wenige Anpassungen am Bebauungsplan zu fokussieren. Diese wahren die öffentlichen Interessen, ohne die geplante Entwicklung auf dem Südareal zu verhindern. Sowohl die grosszügige Grünanlage wie auch das neue Besucherzentrum und die Option einer Realisierung von Bau 3 sind dadurch gesichert.
Anpassungen der BRK-Mehrheit am Bebauungsplan
Die BRK-Mehrheit beschloss vier Anpassungen am Bebauungsplan: Eine öffentliche Durchwegung durch den neuen Park, eine Verbreiterung der Solitude-Promenade entlang des Südareals, den Erhalt des schutzwürdigen Hochhaus Bau 52 sowie Vorgaben zur Minimierung der Treibhausgasemissionen bei Erstellung und Betrieb neuer Gebäude auf dem Südareal.
Die BRK-Mehrheit hätte sich gerne für eine gänzliche Öffnung des neuen Parks eingesetzt, was aber aufgrund der unter dem Park geplanten Wärme-/Kältezentralen mit Ammoniaknutzung und der damit verbundenen Einschränkungen durch die Störfallverordnung nicht möglich ist. Die gewählte offene Formulierung ermöglicht dennoch, verbindlich einen öffentlichen Fussweg und Aufenthaltsorte für die Bevölkerung einzuplanen. Ebenso wurde auch für die Verbreiterung der Solitude-Promenade eine offene Formulierung gewählt, die dennoch erlaubt, auf die aufwändige geplante Auskragung für den neuen Fuss- und Veloweg zu verzichten. So kann auch die Nachbarschaft und breite Öffentlichkeit von den neu geschaffenen Grün- und Freiflächen profitieren. Bei den Vorgaben zu den energiebedingten Treibhausgasemissionen für die Neubauten setzt die BRK-Mehrheit auf dieselben Vorgaben wie in anderen Bebauungsplänen, die der Grosse Rat in den letzten Jahren erliess.
In Bezug auf den Umgang mit dem Bestand hat die BRK-Mehrheit entschieden, sich auf Bau 52 zu fokussieren, obschon das gesamte Südareal mit Erhaltungsziel A im nationalen Inventar der schützenswerten Ortsbilder ISOS eingetragen ist. Das Hochhaus Bau 52 von Roland Rohn wurde 1960 fertiggestellt und wird von allen Beteiligten als schutzwürdig angesehen: Es gilt als "kleiner Bruder" des UNO-Gebäudes in New York und als das erste Gebäude mit Curtain-Wall-Fassade in der Schweiz. Der Erhalt von Bau 52 war schon im bisher geltenden Bebauungsplan von 2010, der Bau 1 ermöglichte, festgeschrieben. Aus Sicht der BRK-Mehrheit sollte Bau 52 als Denkmal auf dem Südareal erhalten bleiben, denn er zeigt geradezu sinnbildlich den Quantensprung, der architektonisch und industriell zwischen den 1960er-Jahren und heute liegt. Auch Gutachten belegen, dass Bau 52 in gutem Allgemeinzustand ist, es statisch keine Bedenken gibt und sowohl eine hundertprozentige Erdbebenertüchtigung nach SIA 261, eine energetische Sanierung der Fassaden unter Beibehalt einer gebäudetypischen Konstruktionsweise wie auch die Anpassung der Grundrisse an heutige Bedürfnisse möglich sind. Hinzu kommt, dass ein Erhalt des schmalen Bau 52 der Idee eines offenen und grünen Südareals nicht im Wege steht. Anstelle des schutzwürdigen Bau 52 ist zukünftig eine neue Vorfahrt geplant.
Haltung der Kommissionsminderheit
Die Kommissionsminderheit befürwortet den regierungsrätlichen Ratschlag und begrüsst ausdrücklich, dass sich die Roche langfristig zum Standort Basel bekennt und weiterhin im Kanton investiert. Die Roche hat wirtschaftlich, sozialpolitisch, gesellschaftlich und historisch eine hohe Bedeutung für Basel. Sie ist zudem in Sachen Nachhaltigkeit und bei anderen Zukunftsthemen seit Jahren mustergültig unterwegs. Der Kanton kann auf diese Weise von einer Partnerin profitieren, die mit gutem Beispiel vorangeht – einer Musterschülerin möchte man nicht mit zusätzlichen politischen Vorgaben begegnen.
Die Kommissionsminderheit erachtet eine Durchwegung des Areals städtebaulich zwar als wünschenswert, sieht jedoch keinen Anlass, diese in Form einer Dienstbarkeit im Grundbuch festzuschreiben. Das Roche-Südareal befindet sich im Privateigentum und eine Dienstbarkeit würde die Eigentumsrechte stark beeinträchtigen, was einer materiellen Enteignung gleichkäme. Ebenso vertraut die Kommissions-Minderheit bei der Umgestaltung der Solitude-Promenade auf die wiederholt getätigten Zusagen der Roche, gemeinsam mit dem Kanton eine Lösung ohne Auskragungen zu realisieren, und verzichtet deshalb auf eine politische Festsetzung.
Die baukulturellen Qualitäten von Bau 52 werden von der Kommissionsminderheit nicht bestritten. Tiefgreifende Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass ein dauerhafter Erhalt des Turms nicht verhältnismässig wäre: Bis auf die Grundstruktur müsste praktisch alles rückgebaut werden, und selbst dann könnte die Substanz die heutigen Anforderungen an Erdbebensicherheit und Funktionalität nicht erfüllen. Eine Verstärkung würde den architektonischen Ausdruck zerstören, womit nicht mehr von einem Erhalt, sondern nur noch von einem Ersatz gesprochen werden könnte.