Tötungsdelikt Nasenweg: Ergebnisse der externen Untersuchung liegen vor
MedienmitteilungJustiz- und Sicherheitsdepartement
Gemeinsame Medienmitteilung mit dem Gesundheitsdepartement Basel-Stadt
Ein externer Untersuchungsbericht kommt zum Schluss, dass das Tötungsdelikt vom 8. August 2024 am Nasenweg schwer zu verhindern war. Die Verfasser halten fest, dass während der Behandlung in den Universitären Psychiatrischen Kliniken das Rückfallrisiko nicht angemessen erkannt wurde. Der Grund dafür ist, dass ein Teil der speziellen und verdeckten Problematik in diesem Fall während zehn Jahren Massnahmenvollzug, in denen sich im Verhalten des mutmasslichen Täters keinerlei Anzeichen oder Probleme gezeigt haben, unerkannt blieb. Die Verfasser haben jedoch keine systematischen Schwachstellen bei der Arbeit der Kliniken und Behörden festgestellt.
Seit seinen ersten Taten im Jahr 2014 befand sich der Täter zehn Jahre im Massnahmenvollzug, ohne dass sich Probleme zeigten. Seit 2020 arbeitete der mutmassliche Täter extern an einem geschützten Arbeitsplatz und ging selbstständig hin und zurück. Er absolvierte über hundert Ausgänge. Es gab weder Auffälligkeiten in Bezug auf Gewalt, noch Fluchtversuche oder nennenswerte Regelverstösse. Das Delikt am 8. August 2024 beging der Täter im Unterschied zu den ersten Tötungsdelikten nicht in einem erkennbar psychotischen Zustand.
Der externe Untersuchungsbericht fasst zusammen, dass die Behandlung in den Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) auf der Konzeption beruhte, dass die Rückfallgefahr in psychotischen Phasen hoch ist und ausserhalb gering. Diese Konzeption wurde durch Gutachten und zahlreiche Risikobeurteilungen gestützt. In der Behandlung wurde deshalb konsequent darauf geachtet, Krisen zu verhindern oder früh zu erkennen und dann einzugreifen.
Der Auslöser, der den Täter zu seinen Taten trieb («Deliktmechanismus»), ist indes unscharf geblieben, hält der Bericht weiter fest. Eine Folge dieser Unschärfe ist, dass eine mögliche Verknüpfung des Tatorts mit dem Wahnsystem des Täters nicht berücksichtigt wurde. Der Untersuchungsbericht beschreibt eine unabhängige Nebenrealität des Täters ohne erkennbare Symptome. Dadurch, dass diese Nebenrealität unerkannt geblieben ist, muss im Nachhinein festgestellt werden, dass die verfolgte Behandlungskonzeption unzutreffend war.
Der Bericht räumt ein, dass die Nebenrealität schwer zu erkennen war, weil relevante Informationen erst aufgrund des neuen Delikts vorliegen. Die Unschärfe des Deliktmechanismus und die damit möglicherweise zusammenhängende Risikorelevanz des Tatorts am Nasenweg wurden in den Überlegungen der UPK nicht berücksichtigt. Dies wird als Versäumnis gewertet, das aber nicht als ein erhebliches fachliches Fehlverhalten zu klassifizieren ist: Dieser folgenschwere Fall hätte auch in anderen gut geführten Institutionen geschehen können.
Der Bericht hält fest, dass die Entscheidungsprozesse in der Zusammenarbeit von UPK und Straf-und Massnahmenvollzug (SMV) korrekt waren und die Falldokumentationen einen hohen Standard aufweisen. Das Rückfallrisiko wurde laufend evaluiert und für die gewährten Ausgänge als gering qualifiziert. Bei erkannten Veränderungen wurde schnell und konsequent reagiert. Der Bericht kommt zum Schluss, dass ein solcher Fall mit einem Mehr an Regulierungen und Kontrollmechanismen nicht verhindert werden kann.
UPK und SMV werden den Untersuchungsbericht vertieft analysieren und insbesondere der Empfehlung der Verfasser folgen und prüfen, wie sich nach den Erkenntnissen aus diesem «solitären Fall» allfällige blinde Flecken im Massnahmenvollzug entdecken und in der Behandlung berücksichtigen lassen.