Direkt zum Inhalt springen

Breadcrumb-Navigation

Die Begeisterung weitergeben

News

Im Herbst 2024 wurde im Kanton Basel-Stadt gewählt. Die Legislatur des neu gewählten Parlaments und des Regierungsrats dauert bis Ende Januar 2029. Was geschieht bis dahin am Erziehungsdepartement? Wo setzt Mustafa Atici seine Schwerpunkte?

Mustafa Atici auf Treppe mit Aktentasche.
Mustafa Atici vor dem Rathaus

Basler Schulblatt: Herr Atici, seit gut einem Jahr stehen Sie dem Erziehungsdepartement vor. Wo geht die Reise hin? Was wird Sie in den kommenden vier Jahren am meisten beschäftigen?
Mustafa Atici: Da muss ich nicht lange überlegen: Mit Sicherheit werden Schulraum und Sportinfrastruktur Thema bleiben. Wir rechnen bis Mitte der 30er-Jahre in unserem Kanton mit steigenden Zahlen von Schülerinnen und Schülern, zudem benötigt die Weiterentwicklung der integrativen Schule mehr Platz. Das heisst wir brauchen mehr Schulraum. Wichtig ist das grosse Bild, eine fundierte Planung. Wir sind da gut unterwegs. Gemeinsam mit dem Finanzdepartement und dem Bau- und Verkehrsdepartement erarbeiten wir langfristige Vorlagen.

Gibt es konkrete Beispiele?
Ja klar: An der Gartenstrasse im Gellert weihen wir im kommenden August einen neuen Sekundarstandort ein. Und am Walkeweg wird bis im Sommer 2028 an einer neuen Primarschule gebaut. Da gibt es Platz für 18 Primarklassen, einen Doppelkindergarten, eine Tagesstruktur und zwei Turnhallen. Das sind jetzt zwei von vielen weiteren Projekten. 

Und wie sieht es bei der Sportinfrastruktur aus?
Die Fläche in unserem Stadtkanton ist begrenzt. Wir möchten die bestehenden Trainings- und Spielorte noch besser nutzen. Eine Möglichkeit ist, mit Kunstrasen zu arbeiten, um die Spielflächen auch im Winter belegen zu können. Wir werden nächstes Jahr einen Projektierungsratschlag zum Kunstrasen vorlegen. Zudem haben wir einen Zwischenbericht zur Kunsteisbahn Margarethen und zur Eisstrategie erarbeitet. 

Der fehlende Raum ist ein strukturelles Thema, das Sie quasi zum Handeln zwingt. Gibt es auch Themen für die Legislatur, die stärker in Ihrer Haltung begründet sind? 
Ja. Ein zentrales Anliegen von mir ist die Chancengerechtigkeit. Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder sollen in unseren Schulen adäquat abgedeckt werden. Das bedeutet in der Konsequenz, dass die Fördermittel dort eingesetzt werden sollen, wo sie am nötigsten gebraucht werden. Die Unterschiede zwischen den Quartieren sind in meinen Augen noch viel zu gross. Und da wären wir dann gleich bei einem weiteren Thema.

Nämlich?
Ich möchte die Zusammenarbeit zwischen den Schulleitungen stärken. Wenn eine Massnahme oder ein Projekt in einer Schule gut funktioniert, sollen andere Standorte von der Best-Practice profitieren können. Ich bin viel unterwegs, rede mit vielen Menschen. Ich kenne viele begeisterte Lehr-, Fach und Leitungspersonen. Diese Begeisterung soll von Schulhaus zu Schulhaus weitergetragen werden. Gute Projekte sollen sich ausdehnen. Ab dem neuen Schuljahr 2025/26 wird der Bereich Volksschulen umstrukturiert und mit einer Co-Leitung besetzt. Die Bereiche Sonderpädagogik und Schulqualität erhalten damit mehr Gewicht und werden besser koordiniert.

Begleiten wir kurz ein Kind im Kanton Basel-Stadt durch seine Schulzeit. Beginnen wir bei den ganz Kleinen ...
Also bei der Frühförderung: Die ist enorm wichtig. Denn die Arbeit, die wir da investieren, zahlt sich in der späteren Schullaufbahn aus. Ich lege Wert darauf, dass wir bestehende Angebote im Frühbereich gut koordinieren und auch die Eltern mitnehmen, um die Kinder da noch besser unterstützen zu können. Die Frühe Deutschförderung im Jahr vor dem Kindergarten haben wir in diesem Schuljahr bereits von zwei auf drei Halbtage erhöht. Zudem setzen wir seit August 2024 das Massnahmenpaket Kinderbetreuung um. 

Dann besucht das Kind den Kindergarten, die Primar- und Sekundarschule …
Die grosse Herausforderung bei unseren Volksschulen ist die Umsetzung der Massnahmen zur Weiterentwicklung der integrativen Schule. Wir haben eine Strategie und wir wollen, dass die Massnahmen eine Wirkung zeigen. Da müssen bestehende Lösungen verändert und neue Lösungen geschaffen werden. Das ist nicht einfach. Daher begleiten und unterstützen wir die Schulen bei der Umsetzung der Massnahmen eng.

Was läuft konkret? Können Sie etwas zu den Förderklassen sagen?
Ja, wir sind dran. Um eine Förderklasse aufzubauen, braucht es Zeit und Ressourcen. Man benötigt zusätzlichen Schulraum, ausgebildetes Personal und Anpassungen der schulinternen Organisation. Zudem müssen die Eltern rechtzeitig informiert werden.

Nach der Volksschule trennen sich die Bildungswege. Ein Teil der Schülerinnen und Schüler entscheidet sich für eine weiterführende Schule, andere bevorzugen eine praktisch ausgerichtete Berufslehre. Was tun Sie für diese jungen Menschen?
Wir wollen uns dem Ziel nähern, dass im Alter von 25 Jahren 95 Prozent der ehemaligen Schülerinnen und Schüler einen Abschluss auf der Sekundarstufe II haben. Das heisst also, dass sie eine weiterführende Schule oder eine Lehre erfolgreich abgeschlossen haben. Diese 95 Prozent sind eine nationale Vorgabe. Wir stehen im Vergleich zu den anderen Kantonen noch nicht besonders gut da. Aber wir haben zwei Hebel entwickelt, die mich optimistisch stimmen: Einerseits fand im letzten Herbst der Kick-off statt für die stufenübergreifende Strategie: Laufbahnoptimierung im integrativen Bildungsmodell (LiB). Da wird auf allen Schulstufen an Projekten gearbeitet, um die Lehr- und Lernbedingungen noch zu verbessern. Dazu hat der Bereich Berufsbildung in den vergangenen Wochen einen Masterplan Berufsbildung erarbeitet, den wir im Sommer detailliert vorstellen werden. 

Und was ist mit jungen Menschen, die sich für keinen der skizzierten Bildungswege entscheiden können?
Da müssen wir genau hinschauen, denn das darf nicht sein. Wir wollen die Anschlussfähigkeit der Schülerinnen und Schüler an das weitere Berufs- und Ausbildungsleben stärken. Schülerinnen und Schüler mit einem Schul- oder Lehrabbruch sollen noch besser unterstützt werden. Wir wollen niemanden aus den Augen verlieren. Denn das wird längerfristig noch mehr Probleme verursachen und viel Geld kosten. 

Auch der Hochschulbereich gehört zum Erziehungsdepartement … 
Ja, die Universität, das Swiss TPH und die Fachhochschule Nordwestschweiz sind renommierte Bildungs- und Forschungsstätten mit internationaler Ausstrahlung. Für unsere Region sind die Leistungen, die diese Institutionen in Lehre und Forschung erbringen, unverzichtbar. Im Vordergrund unserer politischen Aufmerksamkeit steht momentan die Partnerschaft mit dem Kanton Basel-Landschaft bei der Finanzierung der Universität. Den Globalbeitrag für die kommende Leistungsperiode 2026-2029 haben die beiden Trägerkantone und die Universität einvernehmlich definiert. Das ist ein grosser Erfolg. Nun nehmen wir mit unserem Partnerkanton bereits Gespräche für die finanzielle Zukunft ab 2030 auf. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir es schaffen, die gemeinsame Trägerschaft auch langfristig zu sichern.   
 

Interview von Charlotte Staehelin, Foto: Grischa Schwank