Digitales Prüfen: Erste Bilanz nach flächendeckender Einführung
NewsBasel-Stadt hat 2025 die gymnasialen Maturitätsprüfungen sowie die Abschlussprüfungen an der Fachmaturitätsschule (FMS) weitgehend digital durchgeführt – BYOD-basiert, fachspezifisch begleitet und technisch stabil. Über 700 Schülerinnen und Schüler schrieben ihre Prüfungen auf dem eigenen Gerät. Nun liegen die Erkenntnisse aus der Praxis und der wissenschaftlichen Begleitung durch die Pädagogische Hochschule FHNW vor.

Im Schuljahr 2023/24 legten erstmals 23 Klassen schriftliche Prüfungen in ausgewählten Fächern unter BYOD-Bedingungen ab. Nach dieser positiven Pilotphase folgte im Sommer 2025 die flächendeckende Umsetzung: In allen schriftlich geprüften Fächern – mit Ausnahme von Mathematik – wurden die Maturitäts- und Abschlussprüfungen digital durchgeführt.
Während in der Pilotphase 2024 noch vermehrt experimentelle Formate erprobt wurden, setzten viele Fachschaften 2025 auf die Digitalisierung bestehender Prüfungen. Dieser pragmatische Schritt trägt dem Umstand Rechnung, dass die Entwicklung BYOD-kompatibler Prüfungsformate Zeit, Austausch und erprobte Standards braucht.
Rückmeldungen aus der Praxis: vertraut, sinnvoll, motivierend
Begleitet wurde das Projekt weiterhin durch die Pädagogische Hochschule FHNW, die die flächendeckende Umsetzung 2025 wissenschaftlich ausgewertet hat. Die Evaluation basiert auf Online-Befragungen von Lernenden und Lehrpersonen, ergänzt durch Fokusgruppen und eine Analyse der Prüfungsformate. Dadurch konnten sowohl technische als auch pädagogische Aspekte systematisch ausgewertet werden.
Die Resultate zeigen ein erfreuliches Bild: Die Mehrheit der Lernenden empfand das Schreiben auf dem eigenen Gerät als vertraut und hilfreich. Auch die Lehrpersonen beurteilten die digitalen Prüfungsformate mehrheitlich als zeitgemäss und fachlich sinnvoll. Besonders in den Sprachfächern wurden Vorteile wie die bessere Lesbarkeit der Antworten und die vereinfachte Korrektur hervorgehoben. Lehrpersonen wie Lernende fühlten sich im Umgang mit der Technologie grösstenteils kompetent.
Gleichzeitig zeigte sich: Die Entwicklung und Durchführung digitaler Prüfungen ist aufwändig. Die Erarbeitung geeigneter Aufgaben, der Einsatz neuer Medien und der Aufbau von Expertise im Umgang mit den Prüfungsumgebungen bedeuten einen Mehraufwand für die Lehrpersonen.
Das Projekt Lernen und Prüfen in einer Kultur der Digitalität (LPKD), das seit 2022 an den fünf Basler Gymnasien und der Fachmittelschule (FMS) läuft, begegnet diesen Herausforderungen: Es unterstützt die Weiterentwicklung digitaler Prüfungsformate mit Weiterbildungen für Lehrpersonen, fach- und standortübergreifenden Vernetzungsangeboten sowie Zeitgefässen für die Unterrichtsentwicklung an den Schulen.
Drei Jahre zur Etablierung
Mit der flächendeckenden Einführung beginnt eine dreijährige Konsolidierungsphase. Ziel ist es, die Prüfungsformate fachspezifisch weiterzuentwickeln, im Unterricht zu verankern und langfristig tragfähige Lösungen zu finden. Die Entwicklung erfolgt partizipativ: Die Lehrpersonen definieren gemeinsam, welche Formate sich bewähren, wo Anpassungen nötig sind und wie neue digitale Ressourcen – etwa Audio- oder Videodateien – sinnvoll eingesetzt werden können.
Die digitalen Prüfungen verliefen an allen Schulen technisch stabil – ein zentraler Erfolgsfaktor. Die erprobten Prüfungsumgebungen haben sich bewährt. Gleichzeitig bleibt die Absicherung durch klare Zuständigkeiten, etablierte Supportstrukturen und robuste Prozesse eine Daueraufgabe, gerade mit Blick auf die Schulverwaltungen.
Im Zentrum steht dabei aber nicht allein die Technik. Entscheidend ist die Weiterentwicklung einer Prüfungskultur, die nachhaltiges Lernen fördert – also Kompetenzen stärkt, Transfer ermöglicht und vertieftes Verständnis anstrebt. Diese Entwicklung gelingt nur mit der fachlichen Expertise und dem Engagement der Lehrpersonen. Sie gestalten den Wandel aktiv mit – realistisch, reflektiert und im Sinne ihrer Fächer. Entscheidend ist, dass pädagogische Praxis, technische Umsetzung und wissenschaftliche Begleitung aufeinander abgestimmt zusammenwirken.
Text: Sandra Eichenberger, Foto: Grischa Schwank