Lesefreude wecken
NewsLesen im Alltag sichtbar und erlebbar machen ist das Ziel der Primarschule Insel. Mit der neu gestalteten Bibliothek und vielseitigen Leseprojekten vermitteln engagierte Lehrpersonen Freude an Büchern. Einblicke in eine Initiative zur Leseförderung.

Mit der neu gestalteten Schulbibliothek und dem Lesegarten hat die Primarschule Insel diesen Sommer ein sichtbares Zeichen gesetzt: Lesekompetenz soll nicht nur vermittelt, sondern auch lebendig erfahrbar werden. Im Pausenhof ist dafür eine gemütliche Leseecke mit Paletten und Kissen eingerichtet worden mit einer bunten Auswahl von Comics, Sachbüchern, Rätselheften oder Wimmelbüchern. In jeder Pause, auch im Winter, liegt eine Auswahl an Büchern im Lesegarten bereit. Dieser bietet den Kindern einen unkomplizierten Kontakt zu Büchern und eine Alternative zum sonst eher wilden Treiben auf dem grossen Innenhof. Als ruhiger Rückzugsort schafft sie einen Raum für freies Lesen, Gesellschaftsspiele oder Tandemlesen, wo ältere Kinder mit jüngeren lesen. Ein Mädchen aus der 3. Klasse fragt begeistert: «Darf ich das Buch nach Hause nehmen? Ich möchte es meiner Mutter zeigen.» Für die Initiatorinnen Caroline Stauffer, Sara Gysin und Michèle Baitsch ist das eine Bestätigung, dass sich die neuen Angebote zur Leseförderung bewähren.
Neue Angebote zur Leseförderung
Parallel zum Lesegarten sind weitere Projekte entstanden, die den Kindern niederschwellige Zugänge zur Welt der Bücher und Geschichten eröffnen sollen. Besonders etabliert hat sich das Programm der Lesefüchse: Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse können sich bewerben, um in der Bibliothek mitzuhelfen und beim Ordnen und Zurücknehmen von Büchern Verantwortung zu übernehmen. Dabei sollen sie auch Brücken schlagen, indem sie ihre Begeisterung für die Bibliothek und die Bücher in ihre Klassen zurücktragen und Lesevorbilder sind. Als Lohn erhalten die Lesefüchse ein Buch ihrer Wahl, das sie bei einem Ausflug mit den Bibliothekarinnen in einer Buchhandlung selbst aussuchen. Weitere Impulse setzen regelmässige Vorlesebesuche im Kindergarten oder der Leseabend. Dabei bereitet jede Klasse ein Leseprojekt vor und präsentiert es den Eltern, Geschwistern, aber auch den Mitschülerinnen und Mitschülern. Ausserdem organisiert das Bibliotheksteam zur schweizerischen Lesewoche im November ein Vorleseangebot für alle Klassenstufen, bei dem Kinder altersdurchmischt nach ihren Interessen Geschichten zuhören können. In derselben Woche sollen ausserdem alle aus der Primarschule Insel – neben den Schülerinnen und Schülern sowie Lehr- und Fachpersonen sind auch die Schulleitung, Sozialarbeitende oder das Hauswartungsteam einbezogen – täglich zur gleichen Zeit für 15 Minuten in einem Buch ihrer Wahl lesen. Die Förderung der Lesefreude, Inspiration für die Buchauswahl sowie die Vorbildfunktion der Erwachsenen sind nur einige Ziele, die für dieses Projekt definiert sind.
Lesekultur als Schlüssel
Caroline Stauffer startet jeden Tag in ihrer Klasse mit einer Viertelstunde freiem Lesen. Auch das Vorlesen von Geschichten integriert sie möglichst täglich in ihren Unterricht. Geschichten erzählen und zuhören sowie das Lesen selbst lassen sich fast überall üben und einbauen. Wenn die Lehrerin mit ihrer Klasse draussen unterwegs ist, liest sie mit den Schülerinnen und Schülern auch Werbeplakate. «Ich möchte die Neugier weitergeben und erreichen, dass die Kinder wissbegierig bleiben. Das Lesen braucht es auch für die anderen Fächer. Wenn die Kinder nicht lesen können, können sie auch keine Matheaufgaben lösen», sagt sie. Die Schülerinnen und Schüler ihrer 3. Klasse haben alle die Lesetechnik soweit grundlegend erlernt. Oft fehlt ihnen aber die Geschwindigkeit, um den Inhalt durch Leseverständnis zu erfassen. «Ziel ist ein automatisiertes Lesen, da hilft nur üben, üben, üben», weiss Caroline Stauffer aus Erfahrung.

Die Bibliothek als Herzstück
Die Projekte zur Leseförderung sind mit dem Umbau der Bibliothek im Sommer initiiert worden. Mit neuen mobilen Möbeln eröffnen sich auch in der Bibliothek selber Möglichkeiten zu einer vielseitigen Nutzung. Aktuell sind die Möbel als Leseinsel arrangiert. Sie können auch zu einer Bühne umgebaut werden, wo Geschichten vorgelesen, Theater gespielt oder Schachturniere abgehalten werden können. Mit einem breiten Angebot an Veranstaltungen für alle Altersstufen wird die Bibliothek neu belebt. Die Schulbibliothek wird so zum zentralen Ort der Leseförderung und der Begegnung für die gesamte Schulgemeinschaft. Auch ein Sortiment an zweisprachigen Büchern wird kontinuierlich ausgebaut. «Es spielt keine Rolle, in welcher Sprache gelesen wird. Hauptsache, es wird gelesen», weiss Bibliothekarin Michèle Baitsch. «Im Grunde geht es darum, Hürden abzubauen und Blockaden zu überwinden. Dafür möchten wir den Buchkontakt so niederschwellig wie möglich halten und vor allem die Freude am Bucherlebnis fördern.» Bei einer Bibliothekseinführung von Sara Gysin mit Spielen und Rätseln zu den Büchern dürfen die Kinder aller 2. Klassen die Bücher auch spielerisch entdecken: Wer findet das Buch mit den meisten Seiten, oder ein Buch, das bereits oft gelesen wurde? Was für eine Geschichte könnte in dem Buch darauf warten, gelesen zu werden? Dabei werden auch bestehende Buchtitel abgeklebt, sodass mit eigenen Ideen zum Inhalt ein neuer Titel erfunden werden kann. «Lustvoll und voller Fantasie ist die Welt der Bücher. Mit den neuen Angeboten zur Leseförderung kann die Begeisterung am Buch und am Lesen weiter gesteigert werden», ist Michèle Baitsch überzeugt. So zeigt eine engagierte Initiative aus der Primarschule Insel, wie eine lebendige Bibliothek Kinder Schritt für Schritt an Sprache, Geschichten und die Freude am Lesen heranführen kann.
Text und Fotos: Maren Stotz