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Vom Wert einer Stellvertretung

News

In einer Kurzkonsultation hat die KSBS die Meinung der Lehr-, Fach- und Leitungspersonen im Kanton Basel-Stadt zu Änderungsvorschlägen des Erziehungsdepartements betreffend die sogenannte Pflichtlektionen-Verordnung eingeholt. Dabei ging es insbesondere um eine geringere Entschädigung von Lektionen bei kurzzeitigen Stellvertretungen.

Hochgestellte Stühle auf Tischen.

Die Änderung der Verordnung betreffend Pflichtlektionenzahl und Lektionenzuteilung (SG 411.500) geht nun schon in eine dritte Runde. In der öffentlichen Vernehmlassung mit Frist vom 26. September 2025 wurden die bereits bekannten Veränderungsvorschläge vom Erziehungsdepartement leicht abgeändert und erneut zur Befragung vorgelegt. Neu hinzugekommen ist eine gewichtige Änderung bei der Vergütung von Stellvertretungslektionen, welche statt 100 Prozent nur noch 85 Prozent betragen soll, wenn die Stellvertretung nicht länger als vier Wochen dauert. Alle Massnahmen sollen zum Abbau der noch immer zu hohen Guthaben der Lehrpersonen beitragen.

Die Kurzkonsultation der KSBS diente ausschliesslich der vorgeschlagenen Änderung bei der Vergütung von Stellvertretungslektionen. Die anderen Änderungsvorschläge wurden in einem Verhandlungsprozess zwischen dem Erziehungsdepartement und dem Berufsverband FSS ausgehandelt und stützen sich unter anderem auf die KSBS-Konsultation von 2022, deren Ergebnisse auf der KSBS-Website eingesehen werden können. Auf der Grundlage einer separat von der FSS durchgeführten Befragung wird die FSS zu den arbeitsrechtlichen Auswirkungen der vorgeschlagenen Änderungen Stellung beziehen.

Hoher Rücklauf - repräsentative Ergebnisse
Die KSBS hat die Befragung bei allen Lehr- und Schulleitungspersonen im Zeitraum vom 27. August bis 12. September durchgeführt. Die Schulleitungen wurden dabei getrennt befragt, weil sie eine zentrale Aufgabe bei der Organisation und Zuweisung von Stellvertretungen übernehmen. Ebenfalls teilnehmen konnten Lehr- und Leitungspersonen aus den Gemeindeschulen in Riehen und Bettingen, auch wenn sie von den vorgeschlagenen Änderungen (noch) nicht betroffen wären. Die Teilnahmequote bei den Lehrpersonen über alle Schulstufen betrug hohe 33,9 Prozent, bei den Schulleitungen sogar 38,3 Prozent. Auffällig war die überdurchschnittlich hohe Beteiligung an den Mittelschulen (Gymnasien und FMS).

89 Prozent der Lehrpersonen und 58 Prozent der Schulleitungen lehnen die vorgeschlagene Änderung einer reduzierten Entlöhnung von Stellvertretungen von bis zu vier Wochen ab. 90 Prozent der Lehrpersonen bejahen die Aussage, dass die Reduktion der Vergütung ihre Bereitschaft verringern werde, Stellvertretungen zu übernehmen. Bei den Schulleitungen bejahen 81 Prozent die Aussage, dass die Reduktion der Vergütung die Bereitschaft von Lehrpersonen zur Übernahme von Stellvertretungen verringern und so die Organisation von Stellvertretungen erschweren werde.

Fehlende Wertschätzung und Praxisferne
Aus den vielen Einzelrückmeldungen geht hervor, dass der Vorschlag des Erziehungsdepartements nicht nur häufig als Ausdruck einer mangelnden Wertschätzung für die in Stellvertretungen anfallende Zusatzarbeit bei der Einarbeitung, Durchführung und Rückübergabe von Stellvertretungen empfunden wird, aber mehr noch als Praxisferne und fehlende Kenntnis der Schulbehörden: Sehr häufig werden Stellvertretungen nämlich von Kolleginnen und Kollegen aus den Klassenteams oder den pädagogischen Teams übernommen, welche die zu vertretenden Klassen beziehungsweise Gruppen gut kennen und selbstverständlich die anfallenden Arbeiten im sogenannten 15-Prozent-Bereich wie Gespräche mit Schülerinnen und Schülern, Beratungen, Elternkontakte, Teilnahme an Klassenteamsitzungen oder Notenkonferenzen ebenfalls weiterführen. 

Zudem wurde gefragt, ob die Vergütungsreduktion einem versteckten Sparimpuls gleichkomme, der einen Qualitätsabbau bedeutet, da der ja jetzt schon vorhandene Engpass an Stellvertretungspersonal durch die Änderung weiter verschärft werde. Auch wurde auf die fehlende Problemanalyse verwiesen: Was sind denn die Belastungsfaktoren, die dazu führen, dass Lehrpersonen vermehrt vertreten werden müssen? Letztlich drückt sich in den Stellvertretungsguthaben die hohe Bereitschaft von Lehrpersonen aus, sich beim Ausfall von Kolleginnen und Kollegen für die Kontinuität eines professionellen Unterrichts einzusetzen, was massgeblich zur Aufrechterhaltung von Stabilität und Qualität des Systems Schule beiträgt. Diese Bereitschaft darf nicht gemindert werden.

Auch in den Einzelrückmeldungen von Schulleitungen werden die obigen Punkte aufgenommen. Betont wird auch hier, dass gerade bei internen Stellvertretungen – also bei Stellvertretungen durch Stellenpartnerinnen oder Teammitglieder – auch die ausserunterrichtlichen Tätigkeiten weiterlaufen.

Interpretation und Empfehlung der KSBS
Die vorgeschlagene Änderung der Praxis bei der Vergütung von Stellvertretungslösungen überzeugt weder Lehrpersonen noch Schulleitungen. Nicht nur fehlt eine eingehende Problemanalyse, auch die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Massnahme bezüglich des genannten Ziels (Abbau von Lehrpersonen-Guthaben) scheint wenig plausibel. 

Die Massnahme dürfte die Stellvertretungssituation weiter verschärfen: Die Motivation von Lehrpersonen zur Übernahme von Stellvertretungen wird untergraben und ihre Bereitschaft diesbezüglich verringert, der Aufwand für Schulleitungen und Schulsekretariate wird grösser, das Sicherstellen von qualitativ genügendem Stellvertretungsunterricht für die Schülerinnen und Schüler wird schwieriger. Kurz: Der Druck bei allen Betroffenen erhöht sich. 

Aus Sicht der KSBS drängt es sich daher auf, auf die vorgeschlagene Reduktion in der Vergütung von Stellvertretungslektionen zu verzichten.

Text: Simon Rohner und Mike Bochmann Grob, Präsident und Vizepräsident KSBS