BKK empfiehlt die Volksinitiative «für mehr Musikvielfalt» ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung

Die Bildungs- und Kulturkommission (BKK) des Grossen Rates empfiehlt die kantonale Volksinitiative «für mehr Musikvielfalt» mit 9 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung zur Ablehnung. Die Kommissionsmehrheit lehnt eine weitere Erhöhung des Kulturbudgets ab, nachdem die Bedingungen für das freie Musikschaffen − unter anderem mit der «Trinkgeld-Initiative» − erst kürzlich verbessert worden sind. Die Mehrheit der BKK folgt damit der Haltung des Regierungsrats. Die Ausarbeitung eines Gegenvorschlags, der eine Verbesserung der sozialen Sicherheit der Kulturschaffenden beinhaltet hätte, scheiterte daran, dass die Forderungen der Initiative nicht konkret genug für einen Alternativvorschlag waren.

Die 2022 eingereichte Volksinitiative «für mehr Musikvielfalt» verlangt, dass der Kanton das freie Musikschaffen mit mindestens einem Drittel des gesamten Förderbudgets im Bereich Musik fördert und Vergabeprozesse und Förderstrukturen anpasst. Es sollen Beiträge an freischaffende Musikerinnen und Musiker wie auch Beiträge für Programm-, Spielstätten- und Strukturförderung vergeben werden.

Der Regierungsrat vertritt die Haltung, dass mit der Umsetzung der «Trinkgeld-Initiative» sowie im Rahmen der Erneuerung der Kulturpartnerschaft mit dem Kanton Basel-Landschaft per 2022 bereits Massnahmen eingeleitet wurden, welche die Bedingungen für das freie Musikschaffen im Kanton massgeblich verbessern. Er will deren Wirkung abwarten, bevor über weitere Massnahmen entschieden wird und empfiehlt die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung.

Forderungen ohne Umsetzungsvorschläge
Die Mehrheit der Kommission folgt der Argumentation des Regierungsrats. Sie stört sich daran, dass die Initiative Forderungen in den Raum stellt, ohne Umsetzungsvorschläge zu benennen. Die Initiative löst zudem viele Erwartungen aus, für welche die Verantwortung, wie die Mittel künftig verteilt werden sollen, an den Grossen Rat und die Verwaltung delegiert wird. Die Umsetzung der Initiative würde ferner wichtige kulturpolitische Entscheide der Vergangenheit hinfällig machen. Irritierend ist zudem die Kritik des Komitees, dass 90 Prozent der öffentlichen Fördergelder an Orchester und Institutionen der klassischen Musik gingen. Vieles im Bereich der Klassik geht heute bereits über die traditionelle klassische Musik hinaus, um ein anderes und neues Publikum zu erreichen.

Der Kanton Basel-Stadt fördert mit jährlich rund zehn Millionen Franken aus dem Swisslos-Fonds gemeinnützige und wohltätige Vorhaben aus den Bereichen Sport, Kultur, Soziales und Umwelt. Diese staatlichen Mittel werden vom Initiativ-Komitee nicht als kantonale Fördergelder anerkannt. Für einen Teil der BKK müssen diese Mittel, von welchen freischaffende Künstlerinnen und Künstler als auch öffentliche und private Spielstätten profitieren, zwingend in die Gesamtbetrachtung miteinbezogen werden.

Chancen neuer Fördergefässe nutzen
Die kantonale Musikförderung ist aufgrund der Fördergefässe, welche sich in der Vergangenheit entwickelt haben, diverser geworden und wird künftig noch diverser werden. Der Kanton leistet schon heute in massgeblicher Art und Weise Objektförderung, welche auch freischaffenden Musikerinnen und Musikern zugutekommt. Zudem gibt es mit der Clubförderung ein weiteres neues Gefäss, welches freischaffenden Künstlerinnen und Künstlern und verschiedenen Genres zugutekommen wird. Dieses Gefäss wird sich in den kommenden Jahren etablieren können und auch neue Möglichkeiten für Kulturschaffende bieten.

Ungleichheiten bei der Musikförderung
Ein Teil der Kommission begrüsst die Grundsatzdebatte zur baselstädtischen Musikförderungspolitik, welche durch die Initiative angestossen wurde. Er anerkennt, dass bei der Musikförderung Ungleichheiten und Lücken bestehen und dass es bei der Orchesterförderung eine Tendenz zur Bevorzugung der klassischen Musik gibt.

Die Corona-Pandemie habe zudem deutlich gemacht, dass viele freischaffende professionelle Musikerinnen und Musiker ihre Arbeit in prekären Konstellationen leisten, obwohl sie Ausbildungsabschlüsse von höchster Qualität aufweisen und nur gelegentlich von staatlichen Förderungen profitieren. Dieser Teil der BKK ist der Ansicht, dass es mehr Anstrengungen braucht, um die soziale Sicherheit von Kulturschaffenden, wie sie auch im kantonalen Kulturgesetz festgeschrieben ist, besser zu gewährleisten.

Weiter brauche es für eine zukunftsweisende Musikförderung eine Verbesserung bzw. Anpassung des Raumangebotes und dessen Infrastruktur. Und die kantonale Kulturförderung müsse sich auch dort um angemessene Tarife bemühen, wo keine oder sehr niedrige Richtgagen definiert sind.

Fünf Kommissionsmitglieder prüften folglich, ob ein Gegenvorschlag zur Initiative ausgearbeitet werden kann, der die Einhaltung der Referenzlöhne, Bemühungen zu Verbesserungen der sozialen Sicherheit von Kulturschaffenden und die Entwicklung der Förderung vorschreibt. Diese Forderungen konnten als Alternative zur heutigen Ausrichtung der kantonalen Kulturförderung jedoch nicht greifbar gemacht und nicht genauer beziffert werden, um als Alternative in der Debatte zu dienen.

Integration im neuen Leitbild Kultur des Regierungsrates
Aufgrund dieser Ausgangslage hat die Kommission beschlossen, die Volksinitiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen. Die Abteilung Kultur soll gemeinsam mit den Musikschaffenden Wege für Verbesserungen aufzeigen, die im künftigen Kulturleitbild Basel-Stadt dargelegt werden.

nach oben